Erfolgsfaktoren im E-Commerce

Erkenntnisse aus aktuellen Studien

Der E-Commerce ist in deutschen Haushalten längst ankommen - etwa 45 Mio. Deutsche kaufen inzwischen Waren und Dienstleistungen über das Web. Gebrauchsgüter wie zum Beispiel Möbel, Spielzeug oder Geschirr kaufen immerhin 51% online. Das zeigt die aktuelle Studie zur „Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien privater Haushalte in Deutschland im Jahr 2014“, die das Statistische Bundesamt veröffentlicht hat.  
Die modernen Kunden wollen alles: Rund um die Uhr einkaufen. Überall, jederzeit und am besten sofort verfügbar. Im Laden, am PC, per Tablet-PC auf der Couch und per Smartphone unterwegs. Einkaufen lässt sich längst nicht mehr in die beiden vermeintlichen Gegensätze stationärer Handel und Internet-Handel unterscheiden. Wer erfolgreich sein will, muss seinen Kunden auf allen Kanälen zur Verfügung stehen. Doch welches sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren für den Online-Handel? Wie können sich Möbelhändler aufstellen, um den veränderten Erwartungen der Konsumenten gerecht zu werden?

Shopping im Internetzeitalter ist mehrdimensional

Der Verkauf über mehrere Vertriebskanäle ist kein abstraktes Marketingkonzept. Es wird vom Kaufverhalten der Kunden diktiert: Konsumenten denken nicht in Kanälen, sondern in Lebenssitua-tionen. So finden es viele ganz natürlich, ein Produkt online zu bestellen, aber im Laden abzuholen. Click & Collect nennt sich dieser Service, den bereits im Jahr 2013 nach einer Umfrage für die Ebay-Studie „Zukunft des Handels“ 27% aller Konsumenten schon einmal genutzt haben. Eine repräsentative Online-Umfrage unter 1.000 Verbrauchern durch das Marktforschungsinstitut Innofact AG im Oktober 2014 bekräftigt dieses Ergebnis. 52% der Befragten gaben an, dass die Abholung von online gekaufter Ware im Ladengeschäft als zukünftiger Service sehr wichtig sei. Aktuell hat laut ECC-Konjunkturindex Shopper (s-Kix54) jeder dritte Verbraucher schon einmal Click & Collect genutzt. 37% können sich vorstellen, zukünftig davon Gebrauch zu machen.

Erfolgsmodell Multichannel-Vertrieb

Auf dem Weg zum Multichannel-Händler hat der stationäre Handel zunächst bessere Karten, verfügt er doch neben der vorhandenen Infrastruktur auch über eine fundierte Kenntnis der lokalen Marktbedingungen. So erscheint es leichter, ein Filialnetz mit einem Online-, Mobile- und Marktplatz-Shop zu erweitern und alles miteinander zu verknüpfen, als für einen Online-Pure-Player, ein Filialnetz aufzubauen. Professionelle Online-Marktplätze wie Ebay können im Multichannel-Handel eine zentrale Rolle spielen: Die enorme Reichweite und das umfangreiche Marketingvolumen bieten großes Potenzial für Händler, um ihre bisherige Strategie in Richtung Onlne auszubauen und schrittweise zu professionalisieren.

Der stationäre Einzelhandel als E-Commerce-Treiber

Ein Kaufwunsch entspringt oft einem unmittelbaren Bedürfnis. Dieses kann im Online-Handel trotz aller logistischen Kniffe nur sehr bedingt befriedigt werden, während sich im Ladengeschäft ein spontaner Kaufwunsch meist problemlos erfüllen lässt. Ebenso lassen sich die Kundenerwartungen hinsichtlich emotionaler Inspiration und multisensorischer Erlebnisse, gerade beim Einrichten, am Point of Sale deutlich einfacher erfüllen.
Daraus folgt, dass das vermeintliche Auslaufmodell stationärer Einzelhandel auch im Internetzeitalter seine Daseinsberechtigung behält – wenn es gelingt, einerseits das Angebot des lokalen Handels mit den Such- und Vergleichsmöglichkeiten des World Wide Web zu verbinden. Andererseits den POS-Besuch des Kunden positiv zu emotionalisieren, mit zusätzlichen Nutzen und Services aus der Digitalisierung aufzuwerten sowie die weiteren Kommunikations- und Vertriebskanäle möglichst eng zu vernetzen.
Das stationäre Ladengeschäft ist nachweislich wichtige Einnahmequelle von Multichannel-Händlern. Gerade Serviceleistungen, die der stationäre Handel für den Online-Handel bieten kann, sind eine wichtige Brücke zwischen beiden Kanälen, die von Kunden häufig genutzt wird.
Die repräsentative Online-Umfrage im März 2015 durch das Marktforschungsinstitut Innofact AG unter 301 Betreibern von Online-Shops in Deutschland, darunter 60% Multichannel-Händler, zeigt die Situation deutlich auf:
•    für 58,7% der Multichannel-Händler ist das stationäre Geschäft die wichtigste Einnahmequelle.
•    für 40,8% ist Online das größte Geschäft, der stationäre Handel allerdings ein wichtiges zweites Standbein.

Die zentralen Erfolgsfaktoren im E-Commerce

Die branchenübergreifende Studie des ECC Köln über die zentralen Erfolgsfaktoren im E-Commerce 2015  liefert mit dem Chartreport Wohnen und ausgewählten Kategorieauswertungen eine aktuelle Grundlage für diesen Bericht.
Dr. Kai Hudetz, Geschäftsführer IFH Institut für Handelsforschung GmbH, macht deutlich: „Die Studie zeigt auf, wo Stellschrauben für Online-Händler liegen und wo diese drehen können, um in ihrer Kategorie an die Spitze zu kommen und die für langfristigen Erfolg erforderliche Kundenbindung zu erreichen. Klar ist: Der Wettbewerb um den Kunden wird künftig noch intensiver geführt.“

Preis-Leistung

Der Erfolgsfaktor, der im Bereich Wohnen von den Online-Shoppern bei höchster Wichtigkeit mit niedrigster Zufriedenheit bewertet wurde.
Ist die Kundenerwartung hinsichtlich der Leistung überhöht? Oder ist dies ein überfälliger Beweis, dass die Rabatt- und Preisschlachten der Branche die Glaubwürdigkeit fairer Preise gekostet hat?
Fragen und Lösungsansätze zu diesen Grundsatzfragen können kontrovers diskutiert werden. Aber auch wenn der Preis längst nicht mehr das alleinentscheidende Kriterium ist, die deutschen Verbraucher sind preissensibel und nutzen die verschiedensten Möglichkeiten der Online-Preisvergleiche. Fast 93% der befragten Online-Shopper geben an, dass das aus ihrer Sicht beste Preis-Leistungsverhältnis für sie ein wichtiges Entscheidungskriterium ist.
Dies lässt weiterhin jedem Anbieter die Wahl, sich je nach gewünschter Positionierung für Killerpreise oder aber für werthaltige Produkte, glaubwürdige Leistungsversprechen und aus Kundensicht relevante Nutzen und Mehrwerte einzusetzen.

Webdesign

Der Erfolgsfaktor, der laut Ergebnissen der ECC-Studie hinsichtlich des Handlungsbedarfs der Branche aus Kundensicht an zweiter Stelle liegt.
Das Webdesign eines Online-Shops prägt laut ECC-Studie den ersten Eindruck und kann die Verweildauer sowie die Konver-sionswahrscheinlichkeit maßgeblich beeinflussen.
Für den Konsumenten von besonderer Bedeutung und somit für Online-Shops erfolgsentscheidend sind nicht nur ein optisch attraktives Design sondern Übersichtlichkeit sowie mit 85% als Top-Einzelkriterium: „ausführliche und informative Produktbeschreibungen“. Besonders große Bedeutung messen die Verbraucher dabei der Darstellung von Produkteigenschaften zu, die wesentliche Entscheidungskriterien sind. Darüber hinaus Kundenempfehlungen, die Eigenschaften und Qualität von Produkten sowie Glaubwürdigkeit des Händlers bestätigen. Auf den Rängen zwei und drei sind die Kriterien „Verständliche Informationen über Bezahlmöglichkeiten“ sowie „Verständliche Informationen über Versandbedingungen“ von hoher Bedeutung, die gut auffindbar und mit zusätzlichen Informationen hinterlegt sein sollten.
Die Präsentation und Inszenierung der Produkte nimmt in unserer Einrichtungsbranche naturgemäß einen überdurchschnittlichen Stellenwert ein. Entsprechend besteht ein hoher Anspruch an ansprechende aussagekräftige Produktbilder. Sie sollten den Kunden im Online-Shop inspirieren und das Produkt groß, detailgenau und rundum visualisieren. Idealerweise lassen sich Produktvarianten konfigurieren, im Raum planen und foto-realistisch visualisieren.
Sicher eine Überlegung wert ist der Ansatz, Einrichtungsprodukte zukünftig auch online stimmungsvoller, informativer und begehrlicher darzustellen; Inspiration, Beratung und Individualität in den Vordergrund zu stellen.

Service

Die Relevanz von Serviceleistungen im Online-Handel gewinnt immer mehr an Bedeutung und die Zufriedenheit lässt Optimierungsspielraum. Alle Servicekriterien haben für die Kunden im Vorjahresvergleich deutlich an Relevanz zugenommen. An erster Stelle steht dabei die Möglichkeit für Kunden, mit dem Online-Shop in Verbindung treten zu können. Wichtigste Kontaktart ist eindeutig E-Mail, gefolgt von der klassischen Telefonhotline. 24/7 Erreichbarkeit wird gerne angenommen, aber nicht erwartet.
Auf das geringste Interesse bei den Kunden stößt die Kontaktaufnahme über Social-Media-Kanäle. Innovativere, interaktive Kontaktwege wie Live- oder Video-Chat, Click-to-Call und Callback werden momentan noch als weniger nützlich eingestuft. Ca. 3⁄4 der Befragten haben allerdings mangels großer Verbreitung noch keine Erfahrung mit diesen Kontaktmöglichkeiten. Sie werden aber relevanter, denn diejenigen, die beispielsweise den Live-Chat bereits genutzt haben sowie männliche Online-Shopper, bewerten den Service besser als herkömmliche Kontaktwege.
Mehr als die Hälfte der befragten Online-Shopper wünscht aufgrund der hohen Relevanz von Transparenz im Lieferprozess und der Retourenabwicklung eine direkte Kontaktmöglichkeit zum Versanddienstleister.
Ein ausführlicher Servicebereich im Online-Shop ist für mehr als 65% der Kunden wichtig. Insbesondere in der Branche Wohnen, wo offensichtlich ein erhöhter Informationsbedarf hinsichtlich des Bestellprozesses, aber auch weiterer Serviceangebote besteht, beispielsweise zu Wohnraumplanung und Einrichtungsberatung, Konfiguration komplexer variantenreicher Artikel oder Materialpflege. Die Einstufung einer hohen Erreichbarkeit von Mitarbeitern sowie einer stetig verfügbaren qualifizierten Beratung durch die befragten Online-Shopper als wichtige Servicekriterien belegt dies. Ein umfangreiches Angebot kundenorientierter Services verschafft Online-Shops Kompetenz.
Sind diese Basics erfüllt, punkten weitere nützliche Services, wie beispielsweise der Online-Anzeige von Artikelverfügbarkeiten, Abholmöglichkeiten oder Retourenabwicklung in den Ladengeschäften von Multichannel-Händlern.

Usability

Die Benutzerfreundlichkeit eines Online-Shops hängt eng mit dem Webdesign zusammen. Knapp 86% der Kunden erwarten laut ECC-Studie ein schnelles Erkennen der Artikelverfügbarkeit, idealerweise bereits bei der Produktdarstellung und nicht erst im Warenkorb. Eine auffällige Platzierung der Suche sowie die Qualität der Suchergebnisse hinsichtlich Treffergenauigkeit und Handhabung der Suchergebnisliste sind die weiter für Kunden entscheidenden Kriterien.
Grundlage ist eine übersichtliche, logisch strukturierte Kategorisierung mit intuitiv bedienbarer Navigation. Nicht nur jüngere Zielgruppen, insbesondere aber Heavy-Shopper, die mindestens alle zwei Wochen online kaufen und höhere Ansprüche stellen, erwarten auch die optimale Nutzung auf Tablets und Smartphone.
Laut AGOF mobile facts 2014 nutzen 48,4% der Bevölkerung mobiles Internet und 47,8% dieser mobilen User shoppen häufig oder gelegentlich über ihr Smartphone.

Versand und Lieferung

Die Kernaussage der ECC-Studie zu diesem Erfolgsfaktor ist eindeutig: „Die „letzte Meile“ im Kaufprozess nimmt maßgeblich Einfluss auf die Kundenzufriedenheit und die Kundenbindung.“
Für knapp 60% absolut wichtig sowie für 30% eher wichtig und damit an höchster Priorität steht aus Kundensicht die unkomplizierte Retourenabwicklung. Über 3/4 der Kunden wenden sich vom Kauf ab, wenn die Retoure nicht kostenfrei ist. Nur 7,3% haben bei ihrer letzten Bestellung eine Retoure bei ihrem Online-Kauf eingeplant oder nehmen Retouren bewusst in Kauf. Gute Produktbeschreibungen und detaillierte Abbildungen können helfen, die Wahrscheinlichkeit einer Retoure zu minimieren.
Die Pünktlichkeit der Lieferung ist für 84% der Online-Shopper wichtig. Die Angabe eines exakten Lieferzeitpunkts erwarten 64,2%; bei Möbeln, die häufig die Anwesenheit des Kunden zuhause erfordern, beispielsweise für Montagen, ist der Stellenwert höher zu beurteilen.
Rund 83,2% der befragten Online-Käufer erwarten vertrauensfördernde Transparenz im Lieferprozess nach Kaufabschluss. Beispielsweise durch eine Bestätigungs-E-Mail nach Eingang der Bestellung, am besten verbunden mit der  Möglichkeit zur Sendungsverfolgung, um sich über Auftrags- und Lieferstatus informieren zu können.

Sortiment

Die ECC-Studie identifiziert Möbel als einer der Treiber mit den stärksten Wachstumsraten im E-Commerce seit 2011.
Die Qualität der Produkte ist das wichtigste Kriterium innerhalb des Erfolgsfaktors Sortiment sowie Top1-Einzelkriterium im Chartreport Wohnen.
Im Bereich Wohnen spielt die Suche nach Inspiration durch wechselnde Themen- und Produktwelten eine überdurchschnittlich hohe Rolle.

Bezahlung und Check-out

Vertrauen spielt im Online-Handel, wo Lieferung und Bezahlung in aller Regel nicht zusammen stattfinden und eine räumliche Distanz sowie auch Anonymität überwunden werden muss, eine entscheidende Rolle. Der Zahlungsprozess und vor allem das Vorhandensein des präferierten Zahlungsverfahrens ist daher nicht nur für über 90% wichtig sondern zählt sogar zu den kritischen Erfolgskriterien eines Online-Shops.
Rechnung, PayPal und Lastschrift werden präferiert, danach folgen Kreditkarte und Sofortüberweisung. Durchschnittlich ist die Ratenzahlung laut der Studie des ECC in Köln für 25% der Online-Shopper wichtig; bei Möbeln dürfte dieser Service höher bewertet werden.
Nur Datensicherheit ist den Online-Shoppern noch wichtiger, fast ein Drittel gibt dies als absolut wichtig, weitere 17,5% als eher wichtig an.
Ein benutzerfreundlicher Warenkorb ist für 88,3% der Befragten wichtig. Er ist übersichtlich und lässt alle relevanten Details auf einen Blick und ohne Scrollen erkennen. Im klar strukturierten Bestellprozess hat der Kunde jederzeit Orientierung und Transparenz, auch über alle anfallenden Kosten, und kann alle Angaben jederzeit schnell und einfach ändern. Die Möglichkeit zur Ratenzahlung ist durchschnittlich für gut jeden vierten Konsumenten wichtig, nimmt jedoch für jüngere Personen mit niedrigem Einkommen eine besondere Bedeutung ein.

Fazit

Zusammenfassend erklären die beiden Autorinnen der ECC-Studie, Svenja Lambertz und Dr. Eva Stüber: „Die Kunden ordnen bei der Nutzung von Online-Shops ,harten Faktoren‘ wie der Qualität, dem Sortiment und dem Preis, einen höheren Stellenwert zu als ,weichen Faktoren‘ wie einzelne Serviceleistungen oder die Einbindung von Social-Media-Elementen. Dies bedeutet aber nicht, dass diese Kriterien vernachlässigt werden können – der Kunde erwartet in vielerlei Hinsicht einen reibungslosen Ablauf im Online-Shop und die Ergebnisse zeigen, dass es nicht ausreicht, nur in einem Bereich zu den Top-Online-Shops zu zählen. Somit gilt es, mit den grundlegenden Kriterien, wie Preis-Leistung, Qualität plus Basis im Verkaufsprozess mit Lieferverfügbarkeit, Retourenmanagement, Kontakt/Service, Produktpräsentation und Beschreibungen, benutzerfreundliche Website und Navigation etc. die ,Pflicht‘ zu erfüllen. Dann weitere notwendige Services oder Leistungen aufzusetzen und schließlich sich mit der ,Kür‘, beispielsweise Empfehlungssystemen, Apps, innovative Kundenkommunikation und Services, weiter zu optimieren oder sich durch Innovationen vom Wettbewerb abzugrenzen.“
Die Zeiten, in denen online ein reiner Vertriebskanal mit Preisorientierung war, sind vorbei. Das Anspruchsniveau steigt trotz hohem Niveau weiter und die Kundenzufriedenheit wird insbesondere hinsichtlich der Differenzierungskriterien und der Erlebnis- und Serviceorientierung künftig erfolgsentscheidend sein.


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