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Expertenbeitrag: Das Möbelhaus der Zukunft:

Der folgende MÖBELMARKT-Experten-Beitrag wird Ihnen von zur Verfügung gestellt. Form, Stil und Inhalt liegen allein in der Verantwortung des Autors Dr. Daniel C. Schmid. Die hier veröffentlichte Meinung kann daher von der Meinung der Redaktion oder des Herausgebers abweichen.

Online-Shop mit Erlebnis Mall

Es scheint so, als sei die Digitalisierung bei den meisten deutschen Möbelhändlern noch nicht richtig angekommen, sonst würde der Online-Handel nicht so stiefmütterlich behandelt. Nach wie vor werden fleißig Möbelhäuser und Fachmärkte gebaut. Das Flächenwachstum ist ungebrochen hoch. Allein in den letzten 10 Jahren hat die Verkaufsfläche im Möbelhandel trotz stagnierender Umsätze über 10 Prozent zugenommen.

Doch selbst die Optimisten zweifeln daran, dass die derzeit vorhandenen Flächen künftig noch gebraucht werden. Nahezu alle Handelsexperten sind sich einig, dass es im stationären Handel zu großen Veränderungen kommen wird. Wichtigster Treiber sind gewiss die Digitalisierung und der Online-Handel. Durch die Digitalisierung wird immer mehr Umsatz ins Internet verlagert. Es wird damit gerechnet, dass in 10 Jahren je nach Handelssegment zwischen 10 bis 50 Prozent der Umsätze im Internet getätigt werden. Auch in der Möbelbranche werden Umsatzanteile des Online-Handels von bis zu 30 Prozent erwartet. Der Kunde will Preistransparenz, Vergleichbarkeit und Bequemlichkeit, die der Online-Handel ihm bietet. Das sind keine guten Vorzeichen für die stationären Geschäfte. Schon heute klagen viele Möbelhändler über rückläufige Kundenfrequenz. Die Entwicklung wird zusätzlich durch die stagnierende Bevölkerungsentwicklung und durch die Landflucht der Menschen beschleunigt. In ländlichen Regionen werden große Einrichtungshäuser deshalb zuerst Probleme bekommen.

Der Möbelhandel benötigt eine Digitalstrategie

Die Möbelbranche muss darauf reagieren. Insbesondere sind die Händler gefordert, ihre Ware über eigene Shops oder passende Online-Marktplätze im Internet zu verkaufen. Stationäre Händler sollten deshalb mit Hochdruck neue Vermarktungs-Strategien ausarbeiten, wenn sie nicht das Feld neuer, branchenfremder Anbieter, wie Home24, Wayfair oder Westwing überlassen wollen. IKEA hat die Brisanz des Themas erkannt und stellt derzeit seine Vertriebsstrategie komplett auf den Kopf. Deutlich kleinere Märkte in den Innenstädten in Verbindung mit einem Online-Shop lautet die Strategie.

Der Möbelhandel steht nicht vor dem Aus. Auch für stationäre Händler gibt es gute Perspektiven. Sie müssen allerdings ihre Trümpfe, die sie mit ihrer Präsenz vor Ort und ihrer professionellen Logistik zweifellos haben, mit den Vorteilen des E-Commerce verknüpfen. Für Einrichtungshäuser bedeutet dies, eine Omnichannel-Strategie zu entwickeln, die off- und online Kanäle optimal verbindet. Nur wenn die Vorteile des stationären Geschäfts mit dem Online-Shop verzahnt wird, entsteht zusätzlicher Mehrwert für den Kunden und damit klare Wettbewerbsvorteile.

Verzahnung von on- und offline

Das Möbelhaus der Zukunft sieht anders aus. Kunden, die das stationäre Geschäft betreten, müssen den Kauf, den sie im Internet begonnen haben, dort fortsetzen können. Das, was sie im Netz gesehen haben, müssen sie im Geschäft wiederfinden. Sie müssen zu den Produkten weitere Informationen bekommen, in dem sie das Produkt ausprobieren können und spezifische Fragen beantwortet bekommen. Die Prozesskette muss aber auch umgekehrt funktionieren. Ein Produkt, das der Besucher im Geschäft gesehen hat oder die Küche, die er gemeinsam mit einem Verkäufer im Geschäft geplant hat, muss er später zuhause im Internet wiederfinden. Darüber hinaus wäre es schön, wenn der Kunde die geplante Küche zuhause am Abend mit einer VR-Brille betrachten könnte.

Die enge Verzahnung von off- und online hat auch Auswirkungen auf die Preis- und Produktpolitik. Grundsätzlich sollten überall die gleichen Produkte, zum gleichen Preis und mit dem gleichem Service angeboten werden. Alle Produkte, die nicht im Geschäft gezeigt werden, sollten darüber hinaus im Geschäft über die digitalen Medien zu sehen sein. Viele Stores machen es hierzulande bereits vor. Bei Sportartikel-Filialist Decathlon gibt es Terminals, die die nicht vorhandene Ware anschaulich zeigt. In einer Zeit, in der alle Produkte auch bequem im Internet bestellt werden können, bekommt das stationäre Geschäft eine ganz andere Rolle. Es geht primär nicht mehr um den Verkauf. Andere Branchen haben das erkannt. Apple eröffnet seit Jahren Shops in den besten Lagen der Innenstädte. Oberstes Ziel dabei ist nicht der Verkauf, sondern Kunden zu beraten und mit ihnen in den Dialog zu treten. Für Apple ist es wichtig, dass der Kunde sich beim Kauf für die eigene Marke entscheidet. Dem Unternehmen ist es egal, ob der Besucher das neue I-Phone direkt im Shop kauft oder später online bestellt.

Showroom statt Verkaufsraum

Das Möbelhaus der Zukunft wird deshalb eher ein Showroom als ein Verkaufsraum sein. Produkte werden aufwändig inszeniert und präsentiert, erzeugen Emotionen und wecken Bedürfnisse. Die Mitarbeiter sind keine Verkäufer, sondern Berater, die auf Augenhöhe kommunizieren. In den Möbelhäusern der Zukunft wird viel digitale Technik, wie LED-Bildschirme, interaktive Terminals und Tablet, eingesetzt. Auch der zum Unternehmen gehörende Online-Shop wird am POS nicht mehr versteckt. Im Gegenteil: überall wird auf den Online-Kanal und seine Vorteile hingewiesen. Auch werden digitale Techniken, wie VR, eine größere Rolle spielen. Preise werden flexibler werden und sich täglich verändern. Verkaufsförderungs-Aktionen, wie der Black Friday, werden öfters stattfinden. Diese können den Kauf im stationären Handel wieder attraktiver machen. So wie das Warenhaus Kaufhof am Black Friday Weekend über Lautsprecher geworben hat, dass es für Uhren zwischen 17 und 18 Uhr 30 Prozent Rabatt gibt, könnten Möbelhäuser dies mit Sofas tun.

Das Möbelhaus der Zukunft setzt auf Onlinemarketing auch am POS. Die Besucher bekommen beim Gang durchs Möbelhaus Angebote angezeigt, die speziell auf sie zugeschnitten sind. Hat sich der Kunde beispielsweise am Vortag über einen Backofen einer bestimmten Marke im Internet informiert, bekommt er während des Besuchs des Möbelhauses über eine Push-Nachricht seines Smartphones ein passendes Aktionsangebot unterbreitet. Umgekehrt weiß das Möbelhaus, welche Bereiche der Kunde beim Gang durchs Möbelhaus besucht und über welche Produkte er sich informiert hat. Im Anschluss kann das Unternehmen ihm ein passendes Angebot digital zu senden. Auch das Kauf- und Bezahlsystem wird anderes sein. Der Kunde kann die Ware schnell und unkompliziert kaufen, in dem er das Smartphone an die Preisauszeichnung hält. Im SB- und Mitnahmemarkt wird es Kassen geben, die ohne Mitarbeiter auskommen und bei denen es keine Wartezeiten mehr gibt.

Mehr Erlebnis und Unterhaltung

Das Möbelhaus der Zukunft wird trotz aller digitalen Technik deutlich erlebnisreicher sein und den Kunden besser unterhalten. Gleichzeitig wird es ihm zugleich mehr Nutzen bieten. Da für die Möbel-Präsentation künftig weniger Fläche benötigt wird, steht Fläche für anderweitige Nutzung zur Verfügung. Dadurch können in Möbelhäuser zusätzliche Shops integriert werden, die die Attraktivität des Geschäfts erhöhen. Diese Shops müssen nicht unbedingt zum Sortiment passen. So ist es denkbar, dass sich beispielsweise Telekommunikationsanbieter, Kosmetikstudios oder Finanzdienstleistungsunternehmern in Möbelhäuser einmieten. Ferner werden auch immer mehr Pop-Up-Stores in Möbelhäuser zu finden sein. Auch andere Betreiber machen das vor. Die Frankfurter Shopping-Mall MyZeil wird derzeit die oberste Etage komplett umgebaut. Es entsteht eine Genusswelt, die 15 Gastronomiebetriebe – vom Sterne-Restaurant bis zur Fastfood-Kette – unter einem Dach vereint. Es wird auch nicht mehr lange dauern, bis Lebensmitteldiscounter oder Drogeriemärkte in Möbelhäuser integriert werden. Denn Ziel ist es, dem Kunden zu ermöglichen, dass er beim Einkauf möglichst Vieles auf einmal erledigen kann.

Daneben wird es in den Möbelhäusern künftig noch mehr Veranstaltungen und Events geben. Von der Kunstausstellung, über die Modenschau bis zum Weinseminar wird alles angeboten werden. Das Möbelhaus der Zukunft wird ein Online-Shop mit einer Erlebnis-Mall sein.


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