Die Matratze auf dem Prüfstand

Wer Peter Weinmann von Weinmann Prüftechnik aus Hersbruck kennt, der weiß, dieser Mann ist ein Macher. Keiner, der lange um ein Problem drumrum redet, sondern einer, der ein Problem, einen Bedarf erkennt, sich dann in sein Kämmerlein, sprich in seine Werkstätten und Prüflabore in Hersbruck zurückzieht und mit seinem Team so lange tüftelt und feilt, bis er eine Lösung anbieten kann. Aber alles schön der Reihe nach. 

Zur imm cologne im Januar stellte Peter Weinmann zusammen mit Reimund Heym von TÜV Rheinland LGA auf dem Stand des Fachverbands Matratzenindustrie in Halle 9 ein Messgerät vor, das zur Überprüfung der Berechtigung von Matratzen-Reklamationen für Hersteller und Sachverständige genutzt werden kann. Da aber bereits ein ähnliches Produkt der Firma Diepo GmbH am Markt existiert (siehe dazu auch den Bericht und das Foto auf Seite 6 und 7 von „MÖBELMARKT Sleep“), war der Bedarf in diesem Punkt nicht so neu und herausragend.  

„Nichts desto trotz“, erklärt Peter Weinmann, „haben wir Interesse geweckt, und bei den zahlreichen Gesprächen auf der Möbelmesse in Köln und bereits davor hat sich herausgestellt, dass es eine rege Nachfrage am Markt nach einer einfachen Messung der Zonierung von Matratzen gibt.“

Daraufhin reifte in Peter Weinmann die Idee zu einem Symposium zum Thema  „die richtige Matratzenvermessung“, bei dem im Fachkreis diskutiert werden sollte. Gesagt, getan. Im März trafen sich dann auf Einladung von Weinmann Prüftechnik Hersteller, Händler, Prüfexperten, Vertreter des Normenausschusses und andere Branchenvertreter zu einem besagten Symposium in Hersbruck.  

Aber warum gibt es einen Bedarf zu einem Symposium dieser Art in der Branche? Die Antwort ist klar: Die Normungs- und Prüfprozesse von Matratzen sind ein komplexes und keineswegs bisher klar geregeltes Thema, das die gesamte Schlafen-Branche seit langem stark beschäftigt. Zur Einführung in das Thema eröffnete deshalb das Symposium Reimund Heym von TÜV Rheinland LGA und erläuterte die aktuelle Situation der Prüfverfahren von Matratzen allgemein und insbesondere von Zonen-Matratzen. Darauf aufbauend lieferte Schlafen-Papst Winfried Weber von Hülsta aktuelle und umfassende Berichte aus dem Normenausschuss und der DIN-Arbeit. 

Die Erkenntnis: Es wird intensiv an einheitlichen Normen gearbeitet, einiges konnte auch schon verabschiedet werden (siehe S. 6 und 7 in dieser Ausgabe), vieles ist jedoch noch in Arbeit. Und gerade an diesem Punkt setzte das gemeinsame Symposium an. 

„Das Ziel des Symposiums ist“, so Peter Weinmann, „einen Teil zur mittelfristigen Entwicklung einheitlicher Prüfverfahren für die Matratzen-Branche, die dann auch in die Normung einfließen können, beizutragen, um das langfristige Ziel, die derzeit unterschiedlichen existierenden Anforderungen aus Normen und die daraus entwickelten Prüfverfahren, stärker zu standardisieren.“ 

Gerade in puncto „Was ist eine Zonen-Matratze und wie wird diese geprüft?“ gibt es bisher keine einheitliche Regelung. „Die ,SPEC 68200‘ als Vornorm legt Prüfverfahren fest, anhand derer funktionelle mechanische Eigenschaften von Zonen-Matratzen und zonierten Liegesystemen bestimmt werden. Diese Vornorm gilt aber nicht für Kinderbettmatratzen, Wasserbetten, Wasser- und Luftmatratzen“, erläuterte Winfried Weber. Die weitere Problematik: „Nach DIN EN 1957 wird die Härte einer Matratze immer genau in der Mitte gemessen“, so Raimund Heym. 

„Wenn eine Matratze verschiedene Zonen hat, kann nicht durch eine Messung an einer Stelle die Härte ermittelt werden. Denn es gibt mehrere härtere und weichere Zonen. Es ist auch nicht realitätsnah, viele einzelne Messungen vorzunehmen“, führte Peter Weinmann weiter aus. „Denn der Mensch liegt ja auch immer komplett auf der Matratze.“ Und weiter: „Jede Einzelmessung wird durch die Nachbarmessung verändert, wenn diese gleichzeitig gemacht werden.“ 

Die Lösung, die Weinmann Prüftechnik vorstellte: Ein neues Matratzen-Prüf-Gerät, das unter konstantem Luftdruck in einem abgeschlossenem Raum mit 38 Prüfstempeln mit einer Größe von 50 mm anstatt wie bisher mit einem Prüfstempel das individuelle Zonen-Profil einer Matratze punkt-genau erstellen und als detailliertes Zonen-Diagramm darstellen kann. 

„Wir leben doch im Zeitalter der Datensammlung und Vernetzung. Für mich ist es absolut richtig, alle Daten zusammen zu tragen. Denn davon profitieren wir alle. Mir geht es nicht darum, ein Messgerät zu verkaufen und schnell Geschäfte zu machen. Mir geht es ums Prinzip“, so Peter Weinmann. 

Die Ergebnisse der Matratzen-Prüfung müssten dann in einheitliche Härtegrade übertragen werden. „Eine Skala von eins bis zehn könnte ein Lösungsansatz sein“, so das Resümee der Teilnehmer des Symposiums. Nach Norm gibt es derzeit bereits zehn Härtegrade, mit Zwischenwerten: 1 bedeutet ganz hart, 10 ganz weich. „Diese Skala existiert in der DIN EN 1957 unter Punkt 8.3 bereits. Diese Skala müsste nur mit den entsprechenden Werten gefüllt und die Einstufung definiert werden“, so Peter Weinmann. „Matratzen könnten dann besser eingestuft werden,  z. B. Härte 4-6  oder 5-9  oder 2-3 – eben so wie die Matratze wirklich geworden ist. Denn unter den herrschenden Bedingungen kann nicht mit 100%iger Sicherheit gesagt werden, wie die jeweilige Härte ausfällt. Durch die messtechnische Ermittlung einer Bandbreite lassen sich aber beispielsweise große Streuungen dem preisgünstigen Segment zuordnen, oder bei Einhaltung enger Toleranzen, dem hochwertigen Segment. Auch Reklamationen werden so vermieden.“ Und weiter: „Wir machen das schon bei Fußbällen für Adidas über die Rundheitsmessung so. Unsere Methode zur Messung der Rundheit bei Fußbällen hat in der Fifa-Vorschrift Einzug gehalten. Die Herstellung der Bälle ist gleich. Nur wenn bei der Messung die Toleranz überschritten wird, dann wird dieser Ball für ca. 20 Euro verkauft. Wenn der Ball die Toleranzen einhält, kostet er 120 Euro. Das ist vollkommen legal und logisch.“ 

Ob das auch für Matratzen ein gangbarer Weg ist, bleibt abzuwarten – ein wichtiger Impuls ist jedenfalls gesetzt. 

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