FIVE SENSES COMMUNICATION
Expertenbeitrag: Beilagenwerbung für die Tonne

Der folgende MÖBELMARKT-Experten-Beitrag wird Ihnen von zur Verfügung gestellt. Form, Stil und Inhalt liegen allein in der Verantwortung des Autors Dr. Daniel C. Schmid. Die hier veröffentlichte Meinung kann daher von der Meinung der Redaktion oder des Herausgebers abweichen.

Ein Plädoyer für digitales Marketing

Wir spüren täglich am eigenen Kommunikations- und Kaufverhalten, insbesondere auch an dem von Jugendlichen, wie das Internet immer mehr unser Leben beeinflusst. Die sogenannte Generation Z schaut nicht mehr TV und liest keine Zeitung. Stattdessen nutzen junge Menschen Streamingdienste, wie Netflix und informieren sich bei Online-Portalen oder YouTube. Auf Instagram lassen sie sich zum Kauf von Sneakern inspirieren, bevor sie die Schuhe in England bestellen. Gedrucktes Papier, seien es Bücher oder Prospekte, werden nicht mehr angefasst. Die Welt ist digital für sie. Alles, was nicht über das Smartphone erlebbar, abrufbar oder käuflich ist, passt nicht mehr in ihre Welt.

Doch wie es scheint, ist die Zeit vor allem im Handel stehen geblieben. Nach wie vor beschäftigt sich der Möbelhandel nur halbherzig mit dem E-Commerce. Auch die Hersteller nutzen den Online-Vertriebskanäle zu wenig, meist aus Angst, den Handel und deren mächtige Einkaufsverbände zu verstimmen.

Noch nutzen und werben die meisten stationären Handelsunternehmen mit Beilagen und Handzetteln. Jede Woche erhält ein deutscher Haushalt mindestens 12 Prospekte. Über das Jahr gesehen 46 kg, soviel wie kaum in einem anderen Land. Der größte Teil der Beilagen, 80 Prozent, landet ungelesen direkt in der Mülltonne. Ferner lehnen 25 Prozent der deutschen Haushalte Werbung in ihren Briefkästen ab und haben entsprechende Hinweise angebracht.

Beilagenwerbung passt nicht in die heutige Zeit

Aus Umweltgesichtspunkten, aber vor allem auch aus Marketing- und Kostengesichtspunkten, ist es sehr fraglich, ob Beilagenwerbung noch in die heutige Zeit passt. Denn Beilagenwerbung ist teuer und hat sehr hohe Streuverluste. Wenn Möbelhäuser im Umkreis von 50 km in alle Briefkästen einen teuren Hochglanz-Küchenprospekt einwerfen lassen, obwohl man weiß, dass nur 5 Prozent der Bewohner überhaupt Bedarf an einer neuen Küche haben, ist diese Art der Werbung in der heutigen Zeit nicht mehr sehr effizient. Dazu kommt noch das Dilemma, dass man gar nicht weiß, ob der Prospekt gewirkt hat. Folglich gibt es kaum einen Lernerfolg und die Optimierung bleibt aus.

Diese Art der Werbung nach dem Gießkannen-Prinzip ist bisher gutgegangen und es gab deshalb keinen Grund, das Werbeverhalten zu verändern. Media Markt gibt noch heute 40 Prozent und Aldi und Lidl geben rund 35 Prozent ihres Werbebudgets für gedruckte Angebotskommunikation aus. Wer jedoch glaubt, auch die nächsten 10 Jahre so weitermachen zu können, der irrt gewaltig. Durch das Internet und die Digitalisierung hat sich das Marketing grundlegend verändert. Unternehmen, die Beilagen einsetzen, stehen im Wettbewerb mit Anbietern, die in der digitalen Welt groß geworden sind und höchst professionell werben. Die Entwicklung zeigt, dass spätestens, wenn Handelsunternehmen ihren Vermarktungsschwerpunkt von stationär auf online umstellen, bedrucktes Papier keine Rolle mehr spielt. Otto Tochter „About you“ wird nicht auf die Idee kommen, einen Prospekt zu streuen oder einen Katalog zu erstellen. Es ist auch fraglich, wie lange IKEA den umfangreichen und teuren Katalog noch an alle Haushalte verteilt. Das Dilemma von Media Markt oder XXXLutz ist, dass sie derzeit nicht so recht wissen, ob sie primär ihren Online-Shop oder ihre stationären Geschäfte bewerben sollen. Je nach Laune des Marketingchefs wird mal mehr oder weniger online geworben. Der Konsument wird dadurch verunsichert, weil er nicht weiss, wo er kaufen soll.

Die digitale Werbung ist nicht mehr zu stoppen. Es nur eine Frage der Zeit, bis Lebensmittel-Händler ihren Kunden, Einkaufsvorschläge zu senden, die sich an den individuellen Vorlieben und Geschmäckern orientieren. Bei Gefallen werden die Lebensmittel innerhalb 3 Stunden nach Hause geliefert.

In der Zukunft werden Kücheninteressenten mittels Künstlicher Intelligenz ausfindig gemacht. Potentielle Kücheninteressenten erhalten auf digitalem Weg gezielte Angebote, die auf sie individuell zugeschnitten sind. Sie werden darüber hinaus zu Kochvorführungen oder als Besucher zu Messen eingeladen.

Digitale Werbung ist effektiver und effizienter

Unternehmen, die die neuen Formen des Marketings nutzen, setzen ihr Marketingbudget effizienter und effektiver ein. Es werden nur die Menschen mit Angeboten versorgt, für die ein Produkt interessant ist. Digitale Kanäle ermöglichen Personalisierung und genaues Targeting. Ein großer Vorteil digitaler Werbemaßnahmen ist zudem die Möglichkeit, Inhalte zu personalisieren. Durch die Verknüpfung und Auswertung mit der Kundenhistorie erhält der Empfänger eines Newsletters Beiträge, die seinen Interessen entsprechen. Ein anderer Kunde kann eine völlig andere Ausgabe des gleichen Newsletters sehen. Digitale Kanäle erlauben zudem eine Push-Notification. Die App kann per Hinweisfenster auf aktuelle Angebote hinweisen.

Digitales Marketing hat zudem den großen Vorteil, dass fast alles messbar wird. Jede Werbemaßnahme lässt sich exakt nach ihrer Wirksamkeit beurteilen. Es wird genau analysiert, wie oft die Anzeige gesehen wurde oder wie oft der User darauf hin auf das Angebot oder die Website geklickt hat. Die Webanalyse hat hier in den vergangenen Jahren ein wahrlich beeindruckendes Instrumentarium aufgebaut.

Der Erfolg digitaler Werbung ist messbar

Dank immer besserer Technik ist es heute möglich zu messen, ob der Kunde nach dem Besuch der Website im Geschäft war, wie lange er sich dort in welchem Bereich aufgehalten hat und ob er anschließend gekauft hat. Das Möbelhaus weiß beispielsweise aufgrund von Beacons (Bluetooth-Sender) oder WLAN-Zugriffen, ob der Besucher sich für Schlafzimmer oder Küchen interessiert hat.

Durch intelligente Systeme – wie Location Based Services (LBS) - ist ein stationärer Händler auch in der Lage, einen am Geschäft vorbeigehenden Kunden ins Geschäft zu locken. Der vorbeigehende Kunde erhält ein auf ihn individuell zugeschnittenes Angebot, beispielsweise in Coupons und wird durch gezielte Ansprachen dazu bewegt, das Geschäft zu betreten.

Bei jedem Kontakt hinterlässt der User oder Kunde digitale Fußspuren. Durch systematische Analysen lassen sich auf Dauer Verhaltensmuster erkennen, die wiederum in Strategien münden. 

In der Zukunft ergeben sich viele Chancen und Möglichkeiten, an die heute noch niemand denkt. Wichtig ist, dass Handelsunternehmen mit aller Kraft daran arbeiten, ihr Unternehmen und das Geschäftsmodell ins digitalen Zeitalter zu überführen. Wer jetzt den Anschluss verpasst, kann in kürzester Zeit vom Markt verschwinden.


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