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Expertenbeitrag: Eine Branche in höchster Gefahr

Der folgende MÖBELMARKT-Experten-Beitrag wird Ihnen von zur Verfügung gestellt. Form, Stil und Inhalt liegen allein in der Verantwortung des Autors Dr. Daniel C. Schmid. Die hier veröffentlichte Meinung kann daher von der Meinung der Redaktion oder des Herausgebers abweichen.

Möbelhandel wird heftig von der Digitalisierungswelle erfasst

Die Digitalisierung wird die Möbelbranche massiv verändern. Insbesondere beim Möbelhandel wird es zu erheblichen Strukturveränderungen kommen. Experten vom Kölner Institut für Handelsforschung gehen davon aus, dass 30 Prozent der stationären Händler in ihrer Existenz bedroht sind. Grund dafür ist, dass immer mehr Möbel online gekauft werden. Inzwischen ist der Kauf- und Auswahlprozess so gut, dass immer mehr Verbraucher ihre Möbel und Einrichtungsgegenstände online kaufen. Dem Online-Käufer wird der zeitaufwändige Besuch in den Möbelhäusern auf der Grünen Wiese und der schwierige Preisvergleich erspart. Die Beratung über Produkteigenschaften oder Lieferzeiten erfolgt im Netz häufiger noch besser, als im Handel. Die Bewertung von anderen Käufern wird mehr Vertrauen geschenkt, als der Empfehlung eines Verkäufers. Auch der Lieferservice, einst ein Steckenpferd des stationären Händlers, wird bei den Online-Händlern immer besser. Zum einen sind viele Produkte in wenigen Tagen lieferbar. Der Verbraucher erhält zudem noch genaue Angaben über Tag und Zeitraum der Lieferung. Er kann den Lieferprozess auf seinem Smartphone verfolgen und auf Wunsch Liefertermine ändern. Zum anderen wird die gut verpackte Ware bis an die Wohnungstüre geliefert. Auf Wunsch gibt es beim Onlinehändler Aufbauservice zu buchen. Auch gegenüber den Mitnahmemärkten punktet der Onlinehandel. Kartons müssen nicht mehr mühsam im Einkaufswagen über den Parkplatz geschoben und mit Mühe und Not in das Auto gepackt werden. In Zeiten moderner Logistik mit kurzen Lieferzeiten (teilweise noch am selben Tag) sind Möbelmitnahmemärkte und Möbelhäuser weit außerhalb der Stadt für den Verbraucher immer weniger gefragt.

IKEA benötigt Strategiewechsel

Die steigende Attraktivität des Onlinehandels wird sich massiv auf die Kundenfrequenz und die Umsätze in den großen Möbelhäusern auswirken. Einbußen von bis zu 50 Prozent sind gerade in wenige komplexen Produktsegmenten möglich. Marktführer IKEA, der jahrelang sich mit dem Onlinegeschäft nur halbherzig befasst hat, hat erkannt, dass ein Strategiewechsel erforderlich ist. Schon heute sind gerade junge Menschen nicht mehr bereit, 30 km und mehr zu fahren, um sich ein Regal oder einen Schreibtisch für das Studentenzimmer zu kaufen. Im Gegensatz zu früher, besitzen immer weniger von ihnen ein eignes Auto. Sie informieren sich lieber im Netz, filtern das Angebot nach Produktmerkmalen und Preis. Danach vergleichen sie das gewünschte Produkt bei 10 Anbietern und mehr und bestellen per Mausklick zu einem meistens noch günstigeren Preis. IKEA hat entschieden, mit ihren Geschäften in die Innenstädte zu ziehen. Die Geschäfte haben das Ziel, zu inspirieren und informieren. Gleichzeitig wird der Onlinehandel drastisch ausgebaut. Neue Logistik- und Verteilzentren sollen dafür sorgen, dass die on- oder offline bestellten Möbel schnell zu den Käufern geliefert werden.

Online-Shops sind überlebensnotwendig

Um auch künftig Möbel erfolgreich verkaufen zu können, ist der stationäre Handel gefordert, sich komplett neu aufzustellen. Investitionen in Online-Shops und die Entwicklung einer Digitalmarketingstrategie sind überlebensnotwendig. Anstatt neue Häuser zu eröffnen, sollten sie alle Ressourcen in den Onlinebereich setzen. Auch beim Onlinehandel geht es um die richtigen Produkte, die richtigen Preise, die zielgenaue Kundenansprache, optimale Prozesse, eine perfekte Logistik und ausgezeichneten Service. Auch bei den Online-Shops haben nur die besten Anbieter eine Chance. Wer hier nicht state of the art ist und beispielsweise die Daten der Kunden und des Kaufverhalten nicht nutzt, wird mit den kapitalstarken Onlinehändlern nicht mithalten können. So muss auch jeder Händler für sich entscheiden, inwieweit er in der Lage ist einen eigenen Shop zu betreiben oder inwieweit er die speziellen Angebote von gefragten Handelsplattformen nutzt.

Dass der Wandel im Möbelhandel bereits angekommen ist, zeigen zum einen Ergebnisse der Kunden- und Marktforschung, zum anderen auch die jüngsten Geschäftszahlen der Möbelhandelsunternehmen.

Auf die Frage, ob sich ein Verbraucher vorstellen kann, Möbel im Netz zu kaufen, antworten aktuell 48% mit ja. 37 Prozent der Verbraucher geben an, Möbel bereits online gekauft zu haben. Vor vier Jahren waren es gerade 20%. Die Umsätze im Online-Segment sollen laut einer Marktstudie von Pricewaterhouse Coopers zwischen 2016 und 2020 jährlich um durchschnittlich 14 Prozent ansteigen.

Stationäre Händler wachsen nur online

Dass online im Möbelhandel boomt, zeigen auch die Umsatzentwicklung der Unternehmen. Bei nahezu allen stationären Möbelhändlern ist trotz sehr guter Konjunktur der Umsatz im letzten Jahr eingebrochen. Dagegen melden alle großen Onlineanbieter von deutlichen Umsatzwachstum. Ikea und insbesondere die Otto-Gruppe. Auch die Anbieter Home 24, Westwing, Wayfair sind sehr zufrieden. Der Online-Händler Home 24, der zu 30 Prozent der Berliner Start-up Schmiede Rocket Internet gehört, legte im Sommer einen fulminanten Start an der Börse hin. Auch wenn die letzten Zahlen nicht die Erwartungen der Analysten und Anleger erfüllt haben, ist geplant, Ende 2019 die Gewinnschwelle zu erreichen. Ebenso wachsen stationäre Möbelhändler, wie XXXLutz, Dänisches Bettenlager, Poco und Roller, online deutlich schneller als in ihren stationären Handel. Fazit: auf die stationären Möbelhändler kommen spannende Zeiten zu. Es geht einerseits wie sie ganz schnell vom boomenden Onlinegeschäft profitieren können, zum anderen, wie überschüssige Flächen in ihren Geschäften anders nutzen


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