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Expertenbeitrag: Kaufentscheidung fällt nicht mehr im Shop

Der folgende MÖBELMARKT-Experten-Beitrag wird Ihnen von zur Verfügung gestellt. Form, Stil und Inhalt liegen allein in der Verantwortung des Autors Dr. Daniel C. Schmid. Die hier veröffentlichte Meinung kann daher von der Meinung der Redaktion oder des Herausgebers abweichen.

Möbel müssen auf digitalen Marktplätzen präsentiert werden

Kaufentscheidungen fallen nicht mehr am POS oder im Online-Shop. Die Entscheidung ist in den meisten Fällen bereits getroffen, bevor ein Kunde einen Onlineshop oder ein stationäres Geschäft besucht. Für Händler bedeutet das, dass sie viel früher ansetzen müssen, indem sie Bedürfnisse wecken und auf digitales Nutzerverhalten reagieren. Online-Händler müssen alles dafür tun, dass sie mit ihren Produkten und Angeboten im Internet zu finden sind. Es reicht nicht aus, darauf zu hoffen, dass der Kunde den Online-Shop zufällig besucht. Gezielte Marketingaktivitäten sind erforderlich.

Die Möglichkeiten des Internets haben das Verhältnis zwischen Verkäufer und Kunden grundlegend verändert. Unternehmen sehen sich heute gut informierten Kunden gegenüber, die vor einer Kontaktaufnahme eigenständig recherchieren und bereits über fundiertes Wissen verfügen. Die Chronologie einer Customer Journey hat sich umgedreht: Statt in den Handel zu gehen und sich dort ein Produkt auszusuchen, entscheiden sich Kunden heute für ein Produkt und suchen sich dann den Händler aus.

Die Kaufentscheidung beginnt mit der Recherche

Studien zeigen, dass 57 Prozent des Kaufprozesses heute bereits abgeschlossen ist, bevor ein Verkäufer zu Rate gezogen oder der Online-Shop aufgesucht wird. Der klassische Vertrieb muss deshalb umdenken und den Kunden viel früher abholen. Die Ansprache muss verstärkt im Internet erfolgen, da Kaufinteressierte sich darin immer mehr aufhalten. Der wichtigste Moment einer Kaufentscheidung liegt nicht mehr kurz vor dem Kauf, sondern dort, wo der Kunde mit der Produktrecherche beginnt. Bei dem Kauf einer Küche oder eines Sofas kann der Recherchestart ein bis zwei Jahre vor dem Kauf liegen.

Heute stehen Händlern alle Spielarten des digitalen Marketings zur Verfügung, um ihre Produkte den Käufern zu präsentieren und Bedürfnisse zu wecken. Impulse können beispielsweise mit Anzeigen im Social Media oder auf Fan-Seiten gesetzt werden.

Interessant ist die Frage, wie die Auswahl eines Produktes im Internet erfolgt. Es wurden viele Studien dazu gemacht. Die Ergebnisse zeigen, dass zum Beispiel Webseiten mit Testberichten hoch im Kurs stehen. Bei den meisten, 19 Prozent der Kunden, beginnt der Einstieg in die Produktsuche über Suchmaschinen. 15 Prozent nutzen Preisvergleichsportale.

Gerade für Möbel, bei denen die Optik und das Design wichtig sind und weniger die Marke oder der Produktname im Vordergrund steht, ist die Präsenz auf Inspirations-, Produktsuch- und Preisvergleichsportalen besonders wichtig.

Die Auswahl der Markplätze muss sorgfältig erfolgen

Die Präsenz auf solchen Portalen kostet jedoch Geld. Die Produktsuchportale, wie Amazon oder Google, und die Preisvergleichsportale, wie billiger.de oder idealo.de lassen sich die Vermittlung gut bezahlen. Deshalb stellt sich für jeden Händler die Frage, mit welchen Produkten und zu welchen Preisen es sich lohnt, auf welchen Plattformen vertreten zu sein. Die Frage lässt sich nicht allgemein beantworten.

Große E-Commerce-Unternehmen, wie Otto, können es sich leisten kaum auf Preisportalen zu finden sein. Der hohe Bekanntheitsgrad und die vielen umfangreichen Serviceleistungen, wie Zahlarten, Versandkosten, kostenlose Rücksendung und auch Warenverfügbarkeit sorgen für ausreichend Verkaufsargumente und erzeugen organisch und mit Marketing eine hohe Nachfrage. Unbekannten Anbietern bleibt dagegen oftmals gar nichts anderes übrig, als ihr komplettes Sortiment einzustellen und über attraktive Preise Kunden zu gewinnen.

Die Entscheidung, ob man zu den großen Portalen, wie Amazon und Google, geht oder ob man zu kleineren Plattformen, wie zum Beispiel moebel.de, geht, ist ebenso komplex. Die Kennzahlen bzw. KPIs, wie Klickraten, Klickkosten und Kosten-Umsatz-Relation müssen genau verglichen werden, um das richtig beurteilen zu können. Der letztlich einzig zuverlässige Weg herauszufinden, welches Preisportal zu seinem Onlineshop passt, ist nach dem Trial & Error-Verfahren vorzugehen.

Intelligente Systeme sind heute in der Lage automatisch zu entscheiden, mit welchem Produkt ein Unternehmen, mit welchen Preis, zu welchem Zeitpunkt auf welchem Portal vertreten ist. Preise können dynamisch angepasst werden und Produkte automatisch in den effizientesten Kanal verlagert werden.

Preisportal als letzter Anlaufpunkt vor dem Kauf

Für viele Unternehmen ist es zu empfehlen, dass ihre Produkte neben den Produktsuchmaschinen auch auf Preisportalen zu finden sind. Denn Preisportale sind für viele Käufer der letzte Anlaufpunkt vor dem Kauf. Der Kunde sucht beispielsweise eine Spülmaschine bei Google, klickt auf das erste Ergebnis und landet auf der Produktseite eines Shops. Ihm gefällt die Spülmaschine und er sucht folglich bei Google nach Produktnamen und Testergebnis. Er landet danach auf einem Preisvergleichsportal. Nachdem er die Bewertungen von anderen Käufern gelesen hat, klickt er auf den Link eines der gelisteten Shops und kauft den Artikel. Verbraucher wählen nicht immer den billigsten Anbieter aus. Oft wird beim zweiten oder dritte Shop in der Liste gekauft. So ist der Preis für Preisportal-Kunden zwar ein sehr wichtiger Faktor, aber die letzte Entscheidung hängt oft an „weichen“ Faktoren. Shop-Design, klare Nutzerführung, eindeutige Bestellwege, Warenkorb-Darstellung, Zahlmöglichkeiten oder Gütesiegel.

Möbelhandel muss Strategie des Verkaufsflächenwachstums überdenken

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Verkaufsprozess sich im Handel komplett verändert hat. Die Zeiten sind längst vorbei, in denen in stationären Geschäften Produkte ein Jahr lang zu gleichen Preisen angeboten wurden. Um künftig Erfolg zu haben, müssen sich Angebote, Präsentationen und Preise sich nahezu täglich ändern sowohl im Online- als auch im stationären Handel. Der klassische Möbelhandel muss seine bisherige Strategie, die hauptsächlich aus Verkaufsflächenwachstum bestand, komplett überdenken und sich stattdessen mit den Feinheiten des Onlinehandels und des digitalen Marketings beschäftigen. Die Tatsache, dass XXXLutz kräftig in den Online-Handel investiert und in den nächsten Wochen in Bayern ein Möbelhaus eröffnet, in dem die Preisauszeichnung digital erfolgt, zeigt, dass einige Handelsunternehmen die Zeichen der Zeit erkannt haben.  


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