Furniture Future Forum
Impulse für das Management von Möglichkeiten

Katrin de Louw mit Andreas Klein (r.) und Christian Kürpick. Foto: Furniture Future Forum

Um Innovationskraft und Widerstandsfähigkeit ging es am vergangenen Donnerstag unter dem Motto „Kurzer Prozess" im Furniture Future Forum in Bünde. Die 100 Teilnehmenden bekamen neue digitale und technische Ideen serviert, um „Wege aus der Krise“ zu finden. Denn wenn es um die Zukunftsfähigkeit von Produkten und Unternehmen geht, hat die Einrichtungsbranche keine Zeit zu verlieren.

Was haben Oberflächentechnologie und Unternehmensführung gemeinsam? Es kommt auf die Eigenschaften an – und dazu zählen Innovationskraft und Widerstandsfähigkeit bzw. Resilienz. Diese Begriffe standen unter dem Motto „Wege aus der Krise“ im Furniture Future Forum am 16. Februar auf der Agenda und lockten fast 100 Branchenteilnehmende in das Networking-Zentrum in Bünde. Das halbtägige Format beleuchtet im jährlichen Rhythmus technologische Innovationen – immer im Februar heißt es deshalb „Kurzer Prozess“. Denn wenn es um die Zukunftsfähigkeit von Produkten und Unternehmen geht, hat die Einrichtungsbranche keine Zeit zu verlieren.

Das gilt auch für Pilze, die bekanntlich nur so aus dem Boden schießen und die als schnell und zuverlässig zu produzierende Biomasse eine Chance für neue Materialien darstellen, wie Michael Daubner erklärte. Mit Pilzmycel-Strukturen bietet seine w3 GmbH einen neuen, innovativen Rohstoff für die Möbelproduktion. Denn wie er selbst auf der Bühne demonstrierte, ist der „Xbrick grown“ leicht, nachhaltig belastbar und multifunktional. Die Pilzbiotechnologie eröffnet Möglichkeiten, erdölbasierte Produkte durch natürliche Pilz-Pflanzen-Kompositstoffe zu ersetzen – und nach Ende der Nutzungsdauer durch Kompostierung abzubauen. „Es wird in der Biotechnologie viel geforscht und entwickelt. Ein Paradigmenwechsel ist möglich“, sagt Daubner.

Die Digitalisierung ist über diesen Punkt schon hinaus, denn sie hat längst alle Bereiche des Lebens durchdrungen. Zwei Experten vom Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik Mechatronik IEM unterbreiteten Vorschläge, wie Digitalisierung zum Wettbewerbsvorteil werden kann: Andreas Klein, Senior Experte im Digital Transformation Office, und Christian Kürpick, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Digital Transformation Office, gingen zunächst darauf ein, wie vielfältig die Herausforderungen für die Möbelindustrie sind – Fachkräftemangel, Nachhaltigkeit und Lieferketten sind dabei nur die drängendsten Themen. Als Reaktion darauf kann die Digitalisierung aus Management-Perspektive die Komplexität dieser Themengebiete reduzieren, um Entscheidungen fällen und sich auf das Kerngeschäft konzentrieren zu können. Die vier wesentlichen Handlungsfelder der Digitalisierung sind laut Fraunhofer: 1. Kultur 2. Technologie 3. Kompetenzen 4. Organisation & Budgetierung.

Lieferketten könnten sich präzise managen lassen, dafür wäre allerdings die Durchgängigkeit von Daten entlang der Lieferkette die entscheidende Voraussetzung – im Übrigen auch um zukünftig den CO2-Fußabdruck exakt ermitteln zu können. Auch in der Customer Journey sind längst noch nicht alle Möglichkeiten erschlossen, um den Endverbrauchern ein begeisterndes digitales Shopping-Erlebnis zu bieten. Bei allem geht es aber für das einzelne Unternehmen darum, ein Leitbild der Digitalisierung im eigenen Unternehmen zu formulieren – unter Berücksichtigung der Konsequenzen für die Mitarbeitenden: „Digitalisierung hat immer auch persönliche Aspekte“, sagt Andreas Klein.

Über die Digitalisierung als Instrument der Kreislaufwirtschaft berichteten Geschäftsführer Dr. Olaf Plümer und IDM-Arbeitskreisleiterin Anika Degenhard vom Daten Competence Center in Herford. Stamm- und Produktdaten ermöglichen einen durchgängigen Austausch von eindeutigen Informationen zwischen Handel und Industrie und damit die effiziente Durchführung von Geschäftsprozessen. Die IDM-Formate sind frei verfügbar und werden inzwischen auf der ganzen Welt genutzt – und kontinuierlich weiterentwickelt wie z.B. im Bereich Beanstandungsmanagement oder neuerdings mit Hochdruck im Kontext der Kreislaufwirtschaft. Denn die ESPR-Verordnung schreibt einen digitalen Produktpass vor, um die Voraussetzung für eine funktionierende und nachvollziehbare Circular Economy im europäischen Wirtschaftsraum zu ermöglichen. „Dabei gilt es noch viele Fragen über die Struktur, die Inhalte, die Datenhaltung und die -verteilung zu klären, aber die Branchenverbände haben sich auf den Weg gemacht, um Enabler zu sein“, sagt Dr. Olaf Plümer.

Im News-Ticker beschrieben Stefan Lorscheider, Leiter Koordination Lackierung, und Julian Schulz, Vertriebsleiter Folie von Schattdecor, die Evolution der Möbeloberflächen. Während die Dekor-Oberflächen zu Beginn noch Preiseinstiegsprodukte waren, sind es heute High-Tech-Artikel mit guten Resistenzen. Ein Treiber dafür: Ikea. Denn die Schweden wollten sich von den Holzwerkstoffherstellern unabhängig(er) machen und förderten so die Weiterentwicklung von Finishfolien hin zu einem belastbaren Alltagsprodukt. Heute setzen sie auch in Bezug auf Nachhaltigkeit und Verbraucherschutz Standards – bei gleichbleibenden Anforderungen an die Produkteigenschaften. The next big thing: Thermoplastische Substrate mit recycelten PET-Anteilen, die gemeinsam mit der Firma Finedecor entwickelt werden.

Sonae Arauco, Gründungsmitglied des Furniture Future Forum, komplettierte den News-Ticker mit einem Status-Update zur Nachhaltigkeit von Holzwerkstoffen. Christian Blecke, Senior Product Developer, und Simon Drath, Communication Manager, riefen in Erinnerung, was Holz für ein wunderbarer Rohstoff ist. Er ist in den meisten Fällen wieder verwertbar und bindet im Vergleich mit anderen Baustoffen CO2, anstatt Kohlendioxid bei der Produktion auszustoßen. Die Kreislaufwirtschaft ist für Sonae Arauco bereits gelebte Realität: Schon in den 1990er Jahren beschäftigte sich der Konzern mit der Wiederaufbereitung von Möbeln und Spanplatten. 2021 wurden 800.000 t recyceltes Holz verwendet. Die größte technische Herausforderung aktuell: Die Rückführung von MDF-Faserplatten in den Produktkreislauf. Die größte kommunikative Herausforderung: Die Green Awareness als Kontrastprogramm zur grassierenden „Rabattitis“ bei den Verbrauchern steigern. „Mit entsprechenden Schulungsangeboten und POS-Werbung ließe sich auch mehr Wertschöpfung betreiben“, ist Simon Drath überzeugt.

Weiter geht es im Programm des ganzjährig geöffneten Furniture Future Forum mit der Vorstellung der Trendreports 2023 mit den beiden Themen „Future Work“ von Iken Gierow (Joppich & Rieckhoff) und „Silver Society“ von Irmy Wilms-Haverkamp (Köhler Wilms Product Design), und zwar am 15. Juni 2023. Wer Interesse hat, kann sich für den Einladungsverteiler eintragen: https://www.trendfilter.net/einladungsverteiler/


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