Gpredictive GmbH
Expertenbeitrag: Den Moment verstehen

Der folgende MÖBELMARKT-Experten-Beitrag wird Ihnen von zur Verfügung gestellt. Form, Stil und Inhalt liegen allein in der Verantwortung des Autors Manuel Faza. Die hier veröffentlichte Meinung kann daher von der Meinung der Redaktion oder des Herausgebers abweichen.

Seit einigen Jahren ist der Begriff der Kundenzentrierung nicht mehr aus den Konferenzen und Marketingmaterialien der gesamten Martech-Szene wegzudenken. Dahinter verbirgt sich die Vision, dass man Kunden nicht mehr zentral und statisch mit einer fixen Anstoßkette bedient, sondern dass man jedem einzelnen Kunden genau die Botschaft über den jeweils besten Kanal zukommen lässt, um so den Kundenwert zu optimieren.

Dass dieses Konzept die Zukunft ist, steht heute nicht mehr zur Debatte. Der Begriff der Kundenzentrierung ist mittlerweile allerdings so abgegriffen, dass neue Begriffe geprägt werden. Google etwa spricht von Micro-Moments. Das Tech-Startup CrossEngage aus Berlin spricht von Unique Moments. Im Kern geht es natürlich weiterhin um die Kundenzentrierung.

Auch wenn der Begriff seit Jahren gehyped wird, ist davon bislang erst wenig zusehen. Natürlich gibt es Leuchtturmprojekte, doch - so erleben wir es weiterhin - sind sie genau das: Leuchttürme. Selten. Hier und da steht einer und alle schauen hin.

Und ja, diese Leuchttürme weisen den Weg. Denn auch das sehen wir überall: Die Unternehmen folgen der Visio und bereiten sich auf die neue Ära des CRM-Marketings vor. Und der erste Schritt ist das Ordnen, Konsolidieren und Verfügbarmachen der Daten. Außerdem benötigt man jetzt Software, die unter Marketing Automation eingeordnet wird. Wenn man anstelle von 5 auf einmal 500 Touchpoints managen möchte, muss man von manueller Arbeit auf Automatisierung umstellen. In diesen Projekten sehen wir mittlerweile große Fortschritte und immer mehr Unternehmen sagen “wir sind soweit.”

Und damit geht unsere gesamte Branche in die nächste Phase der Kundenzentrierung über: Tests und erste Roll-outs. Wieso das? Wieso nicht einfach den Hebel auf Kundenzentrierung umlegen? Es gibt einfach noch nicht so viele Blueprints - Rezepte, die man einfach ausführen kann. Vielmehr ist es so, dass diese jetzt erst entwickelt werden müssen. Und das erfordert eine gewisse Abenteuerlust. Es hilft nichts. Man muss neue Dinge ausprobieren.

Was heißt das konkret? Nehmen wir das Beispiel von Neukunden. Mit dem Umgang mit den wertvollen und meistens mit hohen Investitionen neu gewonnen Kunden steht und fällt der zukünftige Wert unserer Kunden. Häufig sehen wir, dass im Übergang vom 1. zum 2. Jahr der Kundenbeziehung zwischen einem Drittel und einem Fünftel der Kunden erneut kaufen. Was ist mit dem Rest? Der geht gleich am Anfang schon wieder verloren. Von den Kunden wiederum, die man ins zweite Jahr “gerettet” hat, bleiben vielleicht 90% im dritten Jahr. Im Jahr danach wieder sind es 90% usw. Der Hebel ist also nie so groß wie beim Übergang gleich nach dem ersten Kauf.

Wie kommt man zu mehr Kundenzentrierung bei den Neukunden? Gegenfrage: Wissen Sie, wie lange es im Durchschnitt dauert, bis der zweite Kauf kommt, sofern es ihn denn gibt? Ein Kunde berichtete uns, dass 85% der Kunden, die einen zweiten Kauf tätigen, dies nach spätestens 10 Tagen machen. 10 Tage. Der Anstoß für den zweiten Kauf muss also direkt mit dem ersten Kauf erfolgen - oder unmittelbar danach. Und das gehört ja mittlerweile auch zu den typischen Anstößen - meistens gleich im ersten Paket enthalten. Aber danach die normale Anstoßkette für die Bestandskunden auch für 12 Monate für diese Kunden anzuwenden, schöpft nicht das Potenzial aus.

Wenn man nun mit der Marketing Automation monitored, welche Kunden reagieren und welche nicht, kann man beispielsweise nach 10 Tagen nach dem ersten Kauf bereits den nächsten Anstoß machen (idealerweise natürlich nur bei denen, die einen hohen erwarteten Kundenwert aufweisen). Das kann beispielsweise mit einer spezifischen Postkarte geschehen. Kommt keine Reaktion muss der Kunde wenig später erneut bewertet werden. Sind die Signale weiterhin auf grün, kommt der nächste Anstoß - aber wieder eine spezifische Nachricht für einen neuen Kunden, der jetzt das zweite Mal konvertieren soll usw. Sukzessive ergibt sich so eine dauerhafte Beobachtung der Kunden und die immer spezifischere Möglichkeit, auf das Beobachtete zu reagieren. Die neuen Kunden bekommen so viel eher einen Anstoß, der richtig gut zu ihnen passt.

So ergibt sich auf einmal eine neue, hochwirksame Kommunikation, mit der man deutlich mehr Kunden in das “Inventar” überführen kann. Wenn das gelingt, hat man viel erreicht.

Das erfordert viel neue Kommunikationsinstrumente. Was am besten funktioniert, müssen wir alle zusammen lernen. Das ist ein spannender Weg. Und den sollten wir jetzt gehen.

Ein letzter Gedanke zum Abschluss: Wir werden uns bei aller Kundenzentrierung nicht von unseren bekannten und funktionierenden Anstoßketten verabschieden. Sicherlich kommen die in Bewegung, aber am Ende werden wir alle unser Arsenal an Kommunikationsmöglichkeiten deutlich ausbauen und dann ganz spezifisch einsetzen. Einige Kunden werden mehr Nachrichten erhalten, einige weniger, andere nur ganz scharf abgegrenzte Ausschnitte. Den Moment zu begreifen, in dem ein Kunde sich befindet, wird immer das Ziel sein.


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