IFH Köln
Studie: Aufholbedarf in Sachen Nachhaltigkeit
Eine neue Studie des IFH Köln beschäftigt sich mit „Nachhaltigkeit in der amazonisierten Welt“. Sie analysiert den Status quo in Sachen Nachhaltigkeit im Handel und beschäftigt sich mit der Frage, wie der Handel adäquat mit den steigenden Konsumentenbedürfnissen nach verantwortlich hergestellten Produkten und unternehmerisch nachhaltigem Handeln umgehen kann.
Dass es ohne Digitalisierung nicht geht, hat die Coronapandemie den Handelsunternehmen in Deutschland eindrücklich bewusst gemacht. Doch wer meint, damit sei die größte Herausforderung für den Handel geschafft, sollte sich nicht zu sehr in Sicherheit wiegen – wie die aktuelle Untersuchung des IFH Köln zeigt. Das Megathema Nachhaltigkeit klopft demnach bereits an die Ladentür und habe das Potenzial, den Handel ein weiteres Mal ordentlich auf den Kopf zu stellen – Disruption inklusive.
Bereits im letzten Jahr haben knapp 80 Prozent der Konsumentinnen und Konsumenten bewusst auf etwas verzichtet – ein nachhaltigerer Lebensstil war dabei bei 43 Prozent von ihnen der ausschlaggebende Grund für den Verzicht. Vor allem Frauen haben sich aus Nachhaltigkeits- oder Umweltschutzgründen weniger gegönnt. Und noch eine Zahl zeigt, dass das Bewusstsein für Nachhaltigkeitsthemen in der Bevölkerung steigt: 49 Prozent der Befragten geben an, dass ihnen Nachhaltigkeit beim Kauf von Kleidung wichtig sei.
„Ein Corona-Turbo ist auch beim Thema Nachhaltigkeit zu sehen. Konsumentinnen und Konsumenten agieren vermehrt mit neuem Bewusstsein und hinterfragen zunehmend ihre Konsumentscheidungen. Noch sind diese Veränderungen im Konsumverhalten wenig spürbar, es gilt für Unternehmen aber jetzt, die Weichen für die Zukunft zu stellen, um nicht von der Nachhaltigkeitswelle überrollt zu werden“, ordnet Dr. Eva Stüber, Mitglied der Geschäftsleitung am IFH Köln, die Studienergebnisse ein.
Der CSR-Index des Instituts, für den Konsumenten Unternehmen in Bezug auf sechs CSR- Dimensionen bewertet haben, zeigt, wie unterschiedlich die Branchen aufgestellt sind. Während das Feld bei CE/Elektro und DIY sehr dicht beieinander ist und sich offenbar kein Wettbewerber in Sachen CSR-Engagement profilieren kann, weist die Bewertung der Händler aus dem Lebensmittelbereich eine große Spannweite auf. Ganze 25 Indexpunkte trennen den Kategoriesieger – und branchenübergreifend am besten bewerteten Händler – Alnatura (71 Punkte) vom schlechtesten Wert der Branche.
Auch im Fashionbereich trennen Top-Performer und Nachzügler ganze 27 Punkte. Aber: Fashion & Accessoires erreichen den schlechtesten Branchenschnitt aller bewerteten Kategorien. Und das, obwohl sich in der steigenden Relevanz von Secondhand im Fashionbereich das Bedürfnis der Konsumentinnen und Konsumenten nach bewussterem Konsum von Kleidung widerspiegelt.
Treiber des Secondhand-Booms ist neben bewussterem Konsum die Digitalisierung. Mithilfe verschiedener Apps und Services wird der Handel mit gebrauchter Kleidung mehr und mehr zum relevanten Umsatzfaktor. Vorangebracht wird das Thema von jungen Konsumentinnen und Konsumenten, aber digitale Angebote erreichen auch zunehmend ältere Zielgruppen. So werden beispielsweise Concierge Services der Fashionplattformen von den über 50-Jährigen besonders geschätzt.
„Noch wird nachhaltiger Konsum vor allem durch jüngere Zielgruppen getrieben, die die Themen z. B. über ihr Essverhalten und bestimmte Anforderungen an Geschenke und Anschaffungen ins Bewusstsein rücken. Mit neuen, einfachen digitalen Lösungen für den Kauf und Verkauf von Gebrauchtware werden die Hürden aber auch bei älteren Konsument:innen weiter abgebaut“, sagt Mitautor der Studie Jonas Groten.
Für die Studie wurden 1.500 Internetnutzerinnen und Internetnutzer im März 2021 online befragt und der Markt analysiert. Zu den im CSR-Index betrachteten Branchen zählen CE/Elektro, DIY, Drogerie & Tierbedarf, Fashion & Accessoires, Freizeit & Hobby, Lebensmittel, und Wohnen & Einrichten.