Instituts der deutschen Wirtschaft
"Abflüsse von Investitionen so hoch wie nie"

Vor allem ausländische Investitionen in Deutschland sind zuletzt fast vollständig eingebrochen. Foto: leo

Noch nie haben Unternehmen so viel Geld aus Deutschland abgezogen wie im vergangenen Jahr, zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Die Zahlen alarmieren die Forscher: Im schlimmsten Fall sehen sie darin den Beginn der Deindustrialisierung.

Wie das Institut errechnet hat, flossen 2022 rund 132 Mrd. Dollar (125 Mrd. Euro) mehr Direktinvestitionen aus Deutschland ab, als im gleichen Zeitraum in die Bundesrepublik investiert wurden. Damit gemeint ist die Differenz zwischen Investitionen deutscher Unternehmen im Ausland und ausländischer Unternehmen in Deutschland.

Die Summe stelle die höchsten Netto-Abflüsse dar, die jemals in Deutschland verzeichnet wurden. Vor allem die ausländischen Investitionen in Deutschland sind nach OECD-Zahlen zuletzt fast vollständig eingebrochen: Während die Abflüsse bei fast 135,5 Mrd. Euro lagen, wurden nur noch rund 10,5 Mrd. Euro in Deutschland investiert. Besonders alarmierend dabei ist, dass gerade die Investitionen von europäischen Nachbarn eingebrochen sind. Gleichzeitig flossen fast 70% der Gelder aus Deutschland in andere europäische Staaten.

Erhebliche Standortnachteile

Schuld daran seien drei Entwicklungen, die den Standort Deutschland laut IW zunehmend unattraktiv machten:
• Der Fachkräftemangel belastet die Unternehmen enorm. In einer aktuellen Umfrage nannten 76% der Unternehmen im industriellen Mittelstand Arbeitskosten und Fachkräftemangel als ihre größte Herausforderung – noch vor den hohen Energiepreisen und zunehmender Bürokratie.
• Investitionspakete wie der amerikanische Inflation Reduction Act machen Investitionen außerhalb Deutschlands attraktiver. Auch bei europäischen Investitionsoffensiven wie dem NextGenerationEU-Programm fließt das meiste Geld an Deutschland vorbei. Hinzu kommt, dass das deutsche Exportmodell bei wachsendem Protektionismus nicht mehr so gut funktioniert wie früher.
• Mit dem Wegfall des Verbrennungsmotors verliert die deutsche Wirtschaft ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal in ihrer Schlüsselindustrie.

Viele Probleme hausgemacht

„Die Investitionsbedingungen in Deutschland haben sich aufgrund der hohen Energiepreise und dem zunehmenden Fachkräftemangel zuletzt noch einmal verschlechtert“, sagt IW-Ökonom Christian Rusche. Viele Probleme seien hausgemacht, darunter hohe Unternehmenssteuern, ausufernde Bürokratie und eine marode Infrastruktur. „Damit Deutschland künftig wieder zur ersten Adresse für ausländische Investitionen wird, muss die Bundesregierung dringend gegensteuern.“


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