Mittelstandsverbund
„Die Gas-Umlage ist mit heißer Nadel gestrickt“

Die Bundesregierung und der deutsche Marktgebietsverantwortliche Trading Hub Europe (THE) haben am 15. August 2022 die Höhe der ab 1. Oktober geltenden Gasumlage bekanntgegeben. Sie wird zunächst bei 2,419 Cent pro Kilowattstunde liegen und kann nach neuen Schätzungen frühestens im Januar 2023 angepasst werden. Die Kalkulationsgrundlage ist laut Mittelstandsverbund nicht transparent und die Handhabe ungerecht.

Die Gas-Umlage soll 90 Prozent der Zusatzkosten am Gasmarkt ausgleichen, die derzeit Gasimporteuren auf Grund der vom russischen Gasmonopolist Gazprom verursachten Gasknappheit entstehen. Laut Bundeswirtschaftsministerium haben mindestens 14 Unternehmen, und damit deutlich mehr als zunächst erwartet, Zahlungen aus dem Umlagemechanismus beantragt.

Unverständlich sei, so der Spitzenverband des kooperierenden Mittelstandes, dass die Berechnungsgrundlage für die Gasumlage bislang nicht offengelegt wurde. Zum einen betreffe das die Höhe des kalkulierten Gaspreises über die Geltungsdauer der Umlage bis Ende März 2024, wie auch die Annahmen zum Gasverbrauch in Deutschland. Auch blieben die vertraglichen Bezugspreise der Gasimporteure ebenso unklar wie die den Verträgen zugrundeliegenden Preisformeln. Das für Klarheit sorgende Berechnungsgrundlagedokument soll durch die THE noch vor dem ersten Geltungstag der Umlage, also dem 1. Oktober, veröffentlicht werden.

Da Ankündigungsfristen von vier bis sechs Wochen eingehalten werden müssen, dürfte die Umlage nicht in allen Fällen bereits ab Oktober 2022 auf der Gasrechnung ersichtlich sein.

„Selbstverständlich unterstützt der Mittelstandsverbund die aktuellen Bemühungen der Bundesregierung, die Versorgungssicherheit der Verbraucher für die anstehende Heizperiode sicherzustellen. Allerdings sorgen diese Ad-hoc-Maßnahmen in ihrer Intransparenz nicht für die notwendige Akzeptanz im Mittelstand. Verteilungsungerechtigkeiten treten dabei bereits jetzt deutlich zu Tage. Ungleichgewichte in der Betroffenheit von der Gasumlage, die der Mittelstand bereits von der EEG-Umlage her nur zu gut kennt, gilt es zu erkennen und mit oberster Priorität abzuwenden“, so Dr. Ludwig Veltmann, Hauptgeschäftsführer des Mittelstandsverbundes „...denn selbst bei der EEG-Umlage waren am Tag der Bekanntgabe der Höhe alle Annahmen bis in das letzte Detail klar kommuniziert. Hier besteht akuter Handlungsbedarf in der Sachverhaltsaufklärung. Eine Veröffentlichung des Berechnungsgrundlagendokumentes Ende September ist definitiv zu spät.“, so Veltmann weiter.

Drei Kernforderungen des Mittelstandsverbundes 

• „Die von der Bundesregierung erzielten Mehreinnahmen über die Umsatzsteuer auf die Gasumlage müssen in einem Entlastungspaket an die Verbraucher zurückfließen, mit deutlich spürbaren Effekten für den Mittelstand. Nach Prognosen von Wirtschaftsexperten gibt es durch die nicht erlassene Mehrwertsteuer auf die Gasumlage einen zusätzlichen Konjunktureffekt in Höhe von rund Minus 0,8 Prozentpunkten.“

• „Die Verteilung der Gasumlage muss gerechter auf zwei komplette Kalenderjahre erfolgen und nicht nur auf zwei Heizperioden. Die Verordnungsermächtigung § 26 des Energiesicherungsgesetz (EnSIG) gewährt diesen Handlungsspielraum und sollte dahingehend umgesetzt werden.“

• „Die Deckelung der Gasumlage bis zu einem Gasgrundbedarf für kleine und mittlere Unternehmen, bemessen am mittleren Bedarf der vergangenen Jahre, muss gewährleistet werden. Kombiniert mit einem Einsparziel von beispielsweise 20 Prozent würden deutliche Anreize für mehr Energieeffizienz gesetzt und gleichzeitig die Kostensteigerung in Grenzen gehalten. Beispiel: Bei einem Verbrauch von 1.000 Kilowattstunden pro Jahr könnten 800 Kilowattstunden zu einem garantierten Festpreis bezogen werden, danach erst greift eine Umlage auf jede mehr verbrauchte Kilowattstunde.“

Nicht nur die Höhe der Gaspreise bereite berechtigte Sorgen, auch die weitere Entwicklung der Strompreise müsse im Blick behalten werden. Denn die Gasumlage zeige sich noch für einen weiteren Effekt verantwortlich: Die Produktionskosten von Gaskraftwerken steigen mit der Umlage um etwa 50 Euro pro Megawattstunde an. In Zeiten, in denen diese Kraftwerke am Strommarkt den Preis setzen, werde die Umlage damit zu einem Preistreiber und erhöht die Kosten für Kunden erheblich.

Überdies gebe es erhebliche Unsicherheiten bei der Auslegung über den jeweiligen Betroffenheitsgrad von der Gasumlage. Festpreis-Verträge und andere spezielle Klauseln machen Schätzungen zufolge bis zu einem Viertel der Verträge aus. Es gilt als rechtlich unsicher, ob sie von der Umlage überhaupt erfasst werden können. Unklar ist zudem, ob die Millionen Fernwärme-Kunden belastet werden können, wenn die Wärme mit Gas erzeugt wird. „Das Bundeswirtschaftsministerium muss das Energiesicherungsgesetz (EnSIG) zeitnah entsprechend dahingehend anpassen, um solche Unklarheiten zu beseitigen“, so der Verband.


zum Seitenanfang

zurück