Multichannel Payment

Der Kunde, der sich heute im Einzelhandel bewegt, ist inzwischen digital geprägt. Er erwartet die schnelle, einfache und komfortable Informationsbeschaffung, personalisierte Angebote und leicht anzuwendende Transaktionsfunktionen über alle Kanäle hinweg. Denn zeitgemäßes „Anytime-anywhere-Shopping“ erfordert nahtlose Customer Journeys, die dem Kunden permanente Kanalwechsel vor, während und nach dem Kauf unproblematisch ermöglichen.

Auch beim Thema Zahlung lauten die Zauberwörter: Digitalisierung, Vernetzung und Multichannel.

Ebenso wie in Marketing, Kommunikation oder Vertrieb ist auch bei den Transaktionsprozessen die nahtlose Nutzerführung über alle Kommunikations- und Vertriebskanäle das Maß aller Dinge. Multi- oder Crosschannel-Payment bedeutet entsprechend eine breite Palette an Bezahlmöglichkeiten anzubieten, die möglichst kanalübergreifend reibungslos funktionieren.
Als wichtigste Faktoren für die Zahlungsabwicklung entscheiden darüber die hohe Akzeptanz der Kunden, die hohe Sicherheit aller Beteiligten, dass es zu wenig Störungen, Verzögerungen, Aus- und Betrugsfällen kommt und niedrige Kosten. Zahlarten, die nur auf einen einzigen Kanal zugeschnitten sind, werden mittelfristig überflüssig und verschwinden; selbst dem guten alten Bargeld will die Politik an den Kragen.
Das Ergebnis einer aktuellen Umfrage der auf E-Payment spezialisierten PPRO Group macht die Brisanz des Themas deutlich: Danach brechen rund 49% der Kaufwilligen ihren Online-Einkauf ab, weil sie ihre präferierte Zahlart vermissen. Sie entscheiden sich bei dieser Entscheidungsreife in aller Regel für einen schnellen Kauf bei einem anderen Anbieter, der im gleichen Kanal die präferierte Bezahlart anbietet. Im Internet ist er nur ein paar Klicks, stationär vielleicht nur ein paar Straßen entfernt. Eher selten bekommt derselbe Anbieter eine Chance, wenn er nur in einem anderen Kanal die präferierte Bezahlart anbietet.

Entscheidungen über Zahlungsarten sind auch Ausdruck der Persönlichkeit

Und zusätzlich gilt zu bedenken: Zahlung hat auch einen persönlichen und kulturellen Aspekt. Die Ausweitung sowie Internationalisierung des Geschäfts erfordert das Angebot eines Mix an Zahlungsverfahren, welches an das unterschiedliche Kaufverhalten in der jeweiligen Warengruppe, der unterschiedlichen nationalen Zielgruppen beziehungsweise im weiteren Schritt an die Zielländer angepasst ist – über alle Kanäle hinweg: online, offline und mobil.
Weltweit ist die Kreditkarte erste Wahl. Nach einer Studie des EHI Retail Institutes bieten Onlineshops in Europa durchschnittlich zwölf verschiedene Zahlungsverfahren mit bis zu 30 unterschiedlichen Online-Payment-Diensten an. In Deutschland dominiert dagegen laut EHI beim Online-Kauf der Rechnungskauf, gefolgt von Paypal, Lastschrift, Kreditkarte und Vorauskasse.
Online-Bezahlsysteme prägen heute das Einkaufen. Neue Zahlungsverfahren, wie PayPal oder Sofort-Überweisung, haben sich sowohl bei Händlern als auch Kunden etabliert, vorhandene haben sich an den E-Commerce angepasst und alle Beteiligten sind erfahrener im Umgang mit Online-Käufen und Zahlungsverfahren geworden.
Im stationären Handel scheint der Einsatz neuartiger Zahlungsverfahren zwar noch überschaubar, aber beginnt schon mit der einfachen Geldkarte im Supermarkt, geht weiter mit automatischen Lastschriftverfahren bis hin zu Abrechnungssystemen, die über Handy-Provider direkt die Telefonrechnung belasten. Insgesamt ändert sich das Bezahlverhalten nach und nach, noch fließen aber über 60% des Umsatzes im deutschen Einzelhandel als Bargeld in die Kassen.
Die steigende Anzahl an Zahlungsmöglichkeiten und die dynamische Entwicklung von Zahlungsverfahren konfrontiert und fordert allerdings immer mehr Unternehmen, im virtuellen wie auch im stationären Handel mit neuen Entscheidungsoptionen.
Obschon sich in den letzten 20 Jahren die Voraussetzungen vor allem durch flächendeckenden Internetzugang, die mobile Infrastruktur, App-Programmierung und die Veränderung des Kommunikations- und Kaufverhaltens massiv weiterentwickelt hat, steckt die Umsetzung im Handel größtenteils noch in den Kinderschuhen. Und dies, obwohl die direkte interaktive Kundenkommunikation im Zahlungsvorgang auch neue Perspektiven für die Kundenloyalisierung schafft.
Doch der Druck auf die Unternehmen wächst. Denn die Kunden nutzen die neuen Kommunikationsmöglichkeiten mit wachsender Selbstverständlichkeit sowie Reife, sind selbst technisch bestens ausgerüstet und werden zunehmend anspruchsvoller sowie kritischer.
Das Mobiltelefon bildet, quasi als digitales Schweizer Taschenmesser unserer Zeit, die entscheidende Universal-Schnittstelle zwischen realer und digitaler Welt und macht auch vor der Abbildung von Transaktionen wie dem Zahlungsvorgang nicht halt. Technologisch sind inzwischen diverse Lösungen vorhanden, die den fließenden
Kanalwechsel mit einheitlichem Markenerlebnis möglich machen.

Mobile first

Das Jahr 2016 wird nicht nur wegen des Ablebens vieler prominenter Künstler in die Geschichte eingehen: Zum ersten Mal sind mehr Menschen über ein mobiles Endgerät ins Internet gesurft als über einen klassischen Desktop-Rechner. Und für das Google­Ranking entscheidet seit November 2016 der Mobile Index als Hauptindex maßgeblich über Auffindbarkeit beziehungsweise Sichtbarkeit und damit den Erfolg von Web-Präsenzen.
Neben Mobile Solutions als Hauptzugang zum Internet, zu jeder Zeit an jedem Ort, zur Unterstützung des Verkaufspersonals am PoS und zur Interaktion mit dem Smartphone der Kunden gehört vor allem die Umsetzung mobiler Zahlungsmethoden zu den aktuellen Treibern. Dass dem mobilen Payment die Zukunft gehört und es kurz vor dem endgültigen Durchbruch steht, ist schon lange zu hören. Doch 2017 könnte tatsächlich auch in Europa ein neues Zeitalter beginnen.
Weltweit ist Japan Spitzenreiter beim mobilen Bezahlen, 49% bezahlen dort bereits per Smartphone. In Europa hat sich die Zahl derjenigen Verbraucher, die ein mobiles Endgerät fürs Bezahlen eingesetzt haben, laut einer Visa-Studie mit 36.000 Befragten in 19 europäischen Ländern, von 18% 2015 auf 54% 2016 knapp verdreifacht. Lediglich 12% haben danach noch nie via Smartphone, Tablet oder Wearable bezahlt, obwohl mehr als die Hälfte ein digitales Wallet nutzt und ein Großteil der Befragten sogar die Debitkarte hinterlegt hat.
Unsere deutschen Konsumenten gelten nicht gerade als Vorreiter in Sachen Mobile Payment. Misstrauen prägt bisher in Deutschland den noch überaus vorsichtigen Umgang mit dem mobilen Bezahlen. Gerade einmal 4% aller Befragten einer Umfrage der Unternehmensberatung Deloitte möchten per Smartphone in Geschäften zahlen. Nicht einmal die 18- bis 44-jährigen Deutschen wollen diese Bezahlart ausprobieren: Deutlich über 90% dieser Altersgruppe haben noch nie per mobilem Device bezahlt. Ihnen fehlt der erkennbare Mehrwert, sie haben Sicherheitsbedenken und bewerten die Optionen des mobilen Bezahlens als unverständlich.
Die Verbraucher scheinen den Handelsunternehmen in Deutschland also noch etwas Zeit einzuräumen und zusätzliche Mehrwerte wie Bonussysteme zu erwarten. Aber spätestens wenn es demnächst des Deutschen liebste Bezahl-Karte, die Girocard oder EC-Karte, auf dem Smartphone gibt, wird es wohl, getrieben von den Banken, ernst werden. Laut einer Kundenumfrage der ING Diba würden 75% beim mobile Payment am ehesten der App ihrer Hausbank vertrauen.

Mehr Sicherheit bei steigender Anonymität ist gefordert

Neuartige Customer Journeys bewirken, dass der Handel zunehmend Geschäfte abschließt und Zahlungen abwickelt mit Personen, die er nicht kennt. Neben der Absicherung der Bonität ist der Schutz vor Betrug somit für Händler ein zentrales Thema. Vor allem geht es um Eingehungsbetrug, also Warenbestellungen, bei denen von vornherein die Absicht bzw. die Mittel zur Bezahlung fehlen, sowie Identitätsmissbrauch, also die Verwendung gestohlener oder erfundener Identitäten, um bestellte Waren nicht zu bezahlen.
Die üblichen personenbezogenen Plausibilitäts-, Identitäts- und Bonitätsprüfungen reichen oft nicht mehr aus, um ausreichenden Schutz zu bieten. Daher bietet z. B. die Schufa inzwischen spezielle Lösungen zur Betrugsprävention an, die auch die gerätebezogenen Daten zur Identifikation und Risikoabschätzung einbeziehen.
Weitere Unklarheiten ergeben sich aus der neuen Zahlungsdienste-Richtlinie PSD2 der EU. Eine zentrale Forderung des neuen Regelwerks, die vor allem den Onlinehandel empfindlich treffen könnte, ist die sogenannte „starke Authentifizierung“. Dem von Kunden gerne angenommenen und bequemen One-Click-Checkout könnte damit das Aus bevorstehen. Die neue Sicherheitsrichtlinie erfordert, dass zwei von drei eindeutigen Identifikationsmerkmalen auf voneinander unabhängigen Wegen übertragen werden. Dies betrifft zum einen das Identifikationsmerkmal „Wissen“, also z. B. ein Kennwort, zum zweiten „Besitz“, z. B. eine Karte, und drittens „Inhärenz“, also etwa eine biometrische Information wie einen Fingerabdruck. Die erschwerte Prozedur der 2-Faktor-Authentifizierung erhöht das Risiko eines Abbruchs des Kaufvorganges.
Hundertprozentige Sicherheit gibt es auch für die Verbraucher nicht, die zum Teil mit einem mulmigen Gefühl dabei sind. Die Sorgen sollte man als Anbieter sehr ernst nehmen, auch wenn die größten Risikofaktoren beim Benutzer selbst liegen. Nach wie vor lassen sich viele beim Eintippen der PIN unachtsam über die Schulter blicken, geben Kreditkarten-Daten und Kontoverbindungen unaufmerksam auf unverschlüsselten oder gefälschten Web-seiten ein oder nutzen unsichere Passwörter. Systeme mit kodierten Lesegeräten plus zusätzlicher PIN-Sicherung und unkomplizierte Bezahlsysteme, bei denen die Abrechnung über Telefon- oder Handyrechnung erfolgt, bieten eine relativ hohe Sicherheit durch Ausgrenzen menschlicher Benutzerfehler. Einige Zahlungssysteme sorgen mit einem speziellen Käuferschutz für mehr Sicherheit bei Distanz-Geschäften, z. B. PayPal bis 500 Euro.

Die Zahlungsabwicklung ist eine unternehmerische Entscheidung

Für Handelsunternehmen, insbesondere solche, die auf mehreren Kanälen aktiv sind, ist die Auswahl der Zahlungsverfahren ein erfolgskritischer Faktor. Für ein erleichtertes Handling, insbesondere der Administration sowie der differenzierten technischen Abwicklung mehrerer unterschiedlicher Zahlungsverfahren, empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit einem spezialisierten Payment Service Provider. Sie ermöglicht dem Unternehmer, sich auf sein Kerngeschäft zu konzentrieren und den Aufwand für Integration, Betrugsprävention sowie Abwicklung, Überwachung, Abrechnung und Dokumentation von Zahlungen an einen Partner outzusourcen.
Der unternehmensindividuell richtige Payment-Mix sollte sich aus dem Geschäftsmodell, der Akzeptanz und Verbreitung sowie der einfachen und fehlerfreien Handhabung für die relevanten Kundenzielgruppen ergeben und den aktuellen Markttrends folgen.
Derzeit sind vier bis fünf Zahlungsarten üblich, die Tendenz zeigt deutlich nach oben. Wahlmöglichkeiten stärken das Kundenvertrauen, verringern Abbruchquoten im Bestellprozess und erhöhen die Chance auf Spontankäufe. Im Umfeld der eher höheren Warenkörbe beim Kauf von Möbeln und Einrichtungen fallen die Kosten der Zahlungs-
abwicklung weniger stark ins Gewicht.

Artikel als PDF herunterladen

zum Seitenanfang

zurück