Nürnberger Gespräch: Export als Chance
Von immanenter Wichtigkeit für das weitere Wachstum deutscher Hersteller außerhalb des vielfach gesättigten Heimatmarktes ist der Export. „Made in Germany“ hat sich dabei auch im Bereich Möbel in den letzten Jahren einen Namen gemacht, auch wenn sich einige Branchen-Unternehmen im Export bislang noch schwer tun und noch nicht alle Potenziale ausschöpfen. Dabei lohnt sich die Investition in Auslandsmärkte – so der einhellige Tenor der hochkarätigen Runde aus Top-Vertretern der Branche, die jetzt auf Initiative des MÖBELMARKT zu diesem wichtigen Thema Stellung nahmen. Erstmals ist es dabei gelungen, VDM, AMK, die Möbelfachverbände aus Herford sowie die Exportinitiative Furniture Club und die Koelnmesse als Veranstalter der imm cologne an einen Tisch zu bringen. Es wurde gemeinsam an Lösungsansätzen für eine Optimierung der Exporttätigkeiten von Unternehmen der deutschen Möbelindustrie gearbeitet.
In der Tradition der Nürnberger Gespräche wurde als Ort für die Runde diesmal die Koelnmesse gewählt, wo vom 18. bis 24. Januar mit der imm cologne das internationale Branchenevent stattfindet – eine wichtige Bühne für den globalen Möbelsektor und zentrale Plattform für den deutschen Möbelexport. Der ideale Ort also, um über aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen, interessante Zukunftsmärkte, die Diskrepanz im Export in europäische Nachbarstaaten und nach Übersee oder Asien sowie die intensivere Zusammenarbeit von Verbänden und Messen in diesem Bereich zu diskutieren.
MM: Die Exportquote der Unternehmen der deutschen Möbelindustrie lag im vergangenen Jahr bei ca. 31%. Die Möbelausfuhren legten 2014 im Vergleich zum Vorjahr um 2,8% auf 9,3 Mrd. Euro zu. Wie entwickelt sich aus Sicht der Gesprächsteilnehmer und ihrer Verbände/Institutionen aktuell der deutsche Möbelexport?
Kirk Mangels: Für die Küchenbranche sind im Export-Bereich natürlich die Anrainerstaaten Deutschlands von immanenter Bedeutung. 75 bis 80% aller ausgeführten Küchen gehen in diese Länder, woraus sich der Fokus auf Zentraleuropa ableitet. Aber diese Märkte sind bereits gut gesättigt, weshalb die Perspektive auf immer weiter entfernte Regionen liegt. Um Wachstum generieren zu können, stellt sich hier sicherlich die Gretchenfrage: Wie schaffe ich es dort, in das internationale Geschäft einzusteigen? Deshalb haben wir beispielsweise in enger Zusammenarbeit mit der Koelnmesse versucht, mit der China International Bathroom Expo (CIKB) in Shanghai eine Messe zu konzipieren, die die Grundidee der modernen Einbauküche ins Land trägt. Aus unserer Perspektive ist das natürlich völlig klar. Für viele Chinesen ist das aber Neuland. Ihnen stehen meistens nur sechs bis acht Quadratmeter Küchenraum zur Verfügung.
Dieser Wissenstransfer ist zur diesjährigen CIKB, vom 21. bis 23. Oktober, sehr gut angelaufen. Mit Unterstützung von sieben Küchenmöbelherstellern stellten insgesamt 17 Marken aus den Reihen der AMK-Mitglieder ihre Produkte vor. Es war eine sehr gelungene Veranstaltung, die Qualität der Besucher war ebenfalls erfreulich. Es geht hier also in die richtige Richtung. Länder wie China oder Indien werden in den nächsten Jahrzehnten einen Großteil des Wachstumsmarktes für Küchen ausmachen. Wenn man in den nächsten zehn bis 20 Jahren nachhaltig wachsen will, dann kommt man an den Märkten in Fernost nicht vorbei.
MM: Die Möbelmärkte in Europa liegen also weiterhin an erster Stelle. Zukünftiges Umsatzpotenzial bieten aber auch die Märkte in Fernost oder Amerika. Trifft diese Einschätzung auch aus Sicht des Verbandes der deutschen Küchenmöbelindustrie (VdDK) zu?
Dr. Lucas Heumann: Das kommt auf die zeitliche Perspektive an. In Jahrzehnten gedacht, ist dieser Eindruck absolut zutreffend. Viele Hersteller denken aufgrund der eigenen Planungen, Kapazitäten und Finanzausstattung aber eher in Jahren. Deshalb ist für mich der Kernmarkt im Export derzeit immer noch Zentraleuropa.
Beispielsweise gehen im Bereich Küche weniger als 3% der gesamten Exporte nach China. Die Exporte
machen 40% der gesamten Produktion aus. Das heißt, nur 1,3% der produzierten Küchenmöbel gehen im Moment nach China. Die Küche ist dabei das Segment, bei dem der Export in das Land noch am größten ist.
Wir dürfen auch nicht vergessen, dass es Unternehmen gibt, die den Export in fernere Länder aufgrund fehlender personeller Kapazitäten nicht realisieren können.
Andreas Rieß: Diesen Eindruck teile ich. Einige Möbelhersteller tun sich damit schwer. Meiner Meinung nach liegt das unter anderem daran, dass noch nicht alle ausreichend in den Export investieren. Entsprechend gibt es noch immer Unternehmen in der deutschen Möbelindustrie mit relativ geringen
Exportressourcen. In anderen Branchen wird jeden Tag international gehandelt, in der Möbelindustrie ist das bislang leider nicht der Regelfall. Fakt ist jedoch, dass man bereit sein muss, in Auslandsmärkte zu investieren. Wie hoch diese Markteintrittsinvestitionen für das jeweilige Land sind, hängt von mehreren Faktoren ab, beispielsweise von der Entfernung, von Unterschieden in den Marktstrukturen und der Wettbewerbssituation.
Heumann: Es ist sicherlich eine Frage der Investitionsbereitschaft. Es gibt aber auch Hersteller, die von der Mentalität her noch nicht auf die Märkte vorbereitet sind.
Rieß: Wenn man einen Partner vor Ort sucht, aber den Markt nicht genügend kennt, ist das ein Nachteil. Dann fehlt in der Regel die Grundlage, um einen geeigneten Partner zu finden und mit einer tragbaren Kooperationsvereinbarung binden zu können. Deshalb muss zunächst einmal in Markt-Know-how investiert werden. Dazu sind jedoch längst nicht alle Möbelhersteller bereit.
Wesentlich internationaler sind beispielsweise die Möbelzulieferer und Objekteinrichter aufgestellt. Es ist zwar richtig, dass man einzelne Produktgruppen und deren jeweils andersgeartete Exportziele und -kapazitäten klar unterscheiden sollte. Darüber hinaus existieren jedoch viele Felder, auf denen es sehr sinnvoll ist, Synergien zwischen den Unternehmen zu schaffen. Dies ist ein wesentliches Ziel des Furniture Club. Unter anderem bieten wir für den Export in Schwerpunktländer eigene Marktstudien zum Möbelhandel, zur Möbelindustrie und zum Objektgeschäft.
Mangels: Natürlich ist Europa der wichtigste Markt. Wir haben durch die Erholung der holländischen Wirtschaft zuletzt dort ein größeres Wachstum
erzielt als in allen fernöstlichen Märkten zusammen. In solchen benachbarten Märkten verfügen die Hersteller einfach über eine bessere Infrastruktur.
Langfristig spielen aber eben auch die asiatischen Märkte eine größere Rolle. Natürlich sind die Ressourcen in den Unternehmen dafür knapp. Um in Zukunft hier zu partizipieren, müssen die Märkte aber schon sehr frühzeitig bespielt werden. Wenn der Zug einmal aus dem Bahnhof gefahren ist, ist es kaum noch möglich, dort aufzusteigen. Das Eindringen in neue Märkte wird dann sehr schwierig. Allerdings gibt es auch sehr erfolgreiche Beispiele wie die BSH. Wenn einmal die Strukturen geschaffen sind, kann man beispielsweise auch in China im höherpreisigen Segment verkaufen.
Heumann: Der Stellenwert des Exports in den verschiedenen Produktgruppen ist sehr unterschiedlich.Allerdings wird es auch in den nächsten 20 Jahren keinen Küchenmöbelhersteller geben, der in einem einzigen ausländischen Markt einen größeren Umsatzanteil als in Deutschland hat.
MM: Die Investitionsbereitschaft in den Export ist also demnach sehr unterschiedlich ausgeprägt. Vor 20 Jahren herrschte eine große Aufbruchstimmung mit gemeinschaftlichen Gruppenständen in Mailand oder Shanghai. Was hat sich seitdem verändert?
Ursula Geismann: Die Bereitschaft für das Thema ist nicht unbedingt kleiner geworden. Wir haben acht bis zehn funktionierende Auslandsmessebeteiligungen pro Jahr. Geduld ist jedoch nicht unbedingt eine deutsche Eigenschaft, weshalb viele Hersteller aufgrund fehlenden Erfolges ihren gemeinschaftlichen Auftritt nach der Premiere nicht wiederholen bzw. ausbauen. Drei bis fünf Messebeteiligungen sind aus unserer Sicht für einen nachhaltigen Erfolg jedoch unabdingbar. Wir müssen daher überlegen, wie wir die mittelständischen Unternehmen unserer Branche noch besser unterstützen können. Dafür sind Messebeteiligungen interessant, aber sie sind nicht die einzige Stellschraube.
MM: Halten Sie diese Ungeduld eigentlich für ein rein deutsches Phänomen, oder ist die Möbelindustrie allgemein nicht so exportwillig oder exportfähig?
Heumann: Das ist unterschiedlich. Die deutschen Küchenmöbler sind z. B. um einiges exportfähiger als etwa die italienischen. Diese verkaufen zu 90% im eigenen Land. Anders sieht es beispielsweise bei den Herstellern von Polstermöbeln aus. Generell hat die mittelständische Möbelindustrie aber mehr strukturelle Probleme, den Export zu organisieren, als der
Maschinenbau oder andere Branchen. Beispiel Automobilbranche: Diesen Herstellern gelingt der Markteintritt in einem fremden Land häufig sehr einfach. Sie bauen zehn Autohäuser, machen Werbung über TV und Radio und verbinden dies noch mit attraktiven Preisen. Diese Möglichkeit haben wir nicht. Die Branche ist auch von den finanziellen Möglichkeiten zu klein, um das selbst zu powern.
Ein weiteres Problem ist, dass wir nicht Herr unserer Vertriebspolitik sind. Die Maschinenbauhersteller bestimmen ihren Vertrieb im Ausland selbstständig und entscheiden, welche Märkte und Vertriebswege interessant sind. Wir brauchen immer eine zweite Stufe. Kompetente Partner zu finden, erfordert jedoch sehr viel Geduld und eventuell auch hohe Investitionen in Know-how vor Ort. Das könnte also bedeuten, dass die Unternehmen in den ersten drei bis fünf Jahren kein Geld verdienen. Das ist natürlich ein Problem.
Gruppenbeteiligungen auf Messen sollte man übrigens nicht überbewerten. Unsere Erfahrungen zeigen, dass es heute im Ausland viel mehr Einzelauftritte gibt als früher.
Mangels: Das ist eine ganz normale Entwicklung. Wachstumsmärkte bieten logischerweise großes Potenzial. Es ist jedoch unheimlich schwierig, von diesem Kuchen etwas abzubekommen. Man braucht dafür sicherlich eine gewisse Größe und Infrastruktur. Große Unternehmen sollten über den Aufbau solcher Strukturen aber auf jedenfall nachdenken. Generell bleiben die „nahen“ Exportmärkte natürlich wichtiger, auch weil wir hier Küchen verkaufen können, so wie wir es kennen. Sobald wir auf andere Marktmechanismen treffen, wird es aber schwierig. Das fängt schon in England an. Ganz klar ist auch für uns als AMK: Wir sollten grundlegend überlegen, wie wir Zentraleuropa im Export noch besser nutzen. Auch der osteuropäische Markt wird mittelfristig weiter wachsen. Wenn die Einkommen dort steigen, wird ein echter Wachstumsmarkt entstehen. Letztendlich ist es einfacher, nach Russland zu verkaufen als nach Fernost.
Arne Petersen: Manchmal scheitern Exporterfolge auch an so ganz einfachen Dingen wie z.B. der Sprache, wenn es im Betrieb kein Personal gibt, das verhandlungssicher in Englisch kommunizieren kann. Für uns stellt sich deshalb die Frage, was wir tun können, um den Unternehmen zu helfen, ihre Exporte zu forcieren. Mit der CIKB haben wir für den Küchenbereich aufgezeigt, welche Möglichkeiten und Potenziale es gibt.
Uwe Deitersen: Das Exportgeschäft ist in Deutschland teilweise von einer gewissen Schizophrenie geprägt. Einerseits wird es als Heilsbringer angesehen, andererseits fehlt der Wille zur Bereitschaft, sich darüber Gedanken zu machen. Diese Bereitschaft muss stimuliert werden. Man sollte nicht nur vom Export träumen, sondern auch einmal Leistungen annehmen, wie sie etwa von der imm cologne geboten werden.
Mangels: Auch die AMK bietet unterschiedliche Leistungen an. Über Marktanalysen von USA, Osteuropa über Indien bis hin nach China stellen wir die Märkte vor. Welches Potenzial für das Thema Küche besteht, untersuchen wir beispielsweise über die Berechnung von Haushaltsgrößen, Einkommen usw. Dieses Angebot wird von unseren Mitgliedern aus allen Segmenten sehr gut abgerufen. Die realistische Aufbereitung der Zahlen hilft den Unternehmen, um auch im eigenen Haus die notwendigen Strategien zu entwickeln.
MM: An welchen Punkten muss die Industrie ansetzen, um das breite Feld noch besser zu bespielen?
Heumann: Ein wichtiger Ansatz ist aus meiner Sicht beispielsweise das Ausbildungswesen. Wir haben Technikerschulen, Hochschulen für Holz-
ingenieurwesen, aber keine einzige Ausbildungsstätte im Marketing-
bereich. Hier gibt es auch noch kein System zur Generierung von Nachwuchs, was ein Riesenproblem ist.
Besonders im Ausland ist es schwierig, qualifiziertes Personal zu finden. In der Regel sind die dort zur Verfügung stehenden Informationen arg begrenzt. In Deutschland weiß man zumindest, wo die Person früher gearbeitet hat und welche Qualifikationen sie sich dabei im Besonderen erworben hat.
Rieß: Die Investition in eigene Vertriebsleute sowie in Partner vor Ort ist sehr wichtig. Für eine erfolgreiche Arbeit im Ausland muss man sich außerdem mit der Mentalität in den
Exportmärkten auseinandersetzten. Gleichzeitig sollte auch die Mentalität in den Firmen selbst angepasst und dem Export mehr Chancen und Entwicklungszeit gegeben werden.
Lassen Sie mich ein konkretes Beispiel geben. Viele Möbelhersteller leben in Deutschland von der Großfläche. Die Exportverantwortlichen, die im Ausland meist keine Großflächen in den Märkten vorfinden und in der Regel um zahlreichere, weil kleinere Aufträge kämpfen, müssen sich im Jahresgespräch gegenüber ihren Inlandsvertriebs-Kollegen immer wieder rechtfertigen – und das, obwohl man in Deutschland gegenüber den Aktivitäten im Ausland meistens schon eine jahrzehntelange Lernkurve vorzuweisen hat, die auch mit diversen Investitionen einhergegangen ist.
Heumann: Um im Export noch besser zu werden, müssen wir viel mehr individualisierte Angebote bereitstellen. Hierfür möchte ich den Workshop zur Türkei des Furniture Clubs als Beispiel anführen. Im ersten Teil dieser Veranstaltung wurde in allgemeinen Vorträgen über den Markt gesprochen. In der Pause sprachen mich dann mehrere Teilnehmer an und meinten, dass die Veranstaltung ihnen noch nicht viel gebracht hätte. Im zweiten Teil der Veranstaltung hat man sich in kleinen Gruppen mit wechselnden Teilnehmern zusammengesetzt und diskutiert. Im Anschluss berichteten mir die gleichen Personen von einer guten und sehr effektiven Veranstaltung. Man sollte deshalb auch im Export individualisierter arbeiten. Allgemeine Seminare bleiben immer auf einer bestimmten
Abstraktionsebene hängen.
MM: Wir haben jetzt bereits viele interessante Aspekte gehört, was man machen kann oder muss, um erfolgreich zu agieren. Inwieweit besteht die Möglichkeit, dass sich die Industrie der Sache noch offener annimmt, beispielsweise über Allianzen. Kann hier eventuell ein Verband unterstützend aktiv werden?
Geismann: Solche Initiativen gibt es immer wieder einmal. Meistens beruhen solche Zusammenarbeiten auf ureigenen, betriebswirtschaftlichen Entscheidungen, die wir als Verband den Unternehmen nicht abnehmen können und wollen. Die Initiative muss also aus der Branche heraus kommen.
Nochmal zu den Fakten: Wir haben in der deutschen Möbelindustrie noch 500 Betriebe mit mehr als 50 Beschäftigten – Tendenz abnehmend. 60% des gesamten Umsatzes im deutschen Möbelhandel werden von Importen generiert. 70% des Umsatzes laufen über Einkaufskooperationen. Um weiter wachsen zu können, leiten sich aus diesen Zahlen zukünftige Export-
anstrengungen ab.
Heumann: Ich glaube schon, dass auch aus solchen wirtschaftlichen Gründen das Interesse am Export steigt. Deshalb wird beispielsweise die Erwartung an eine Messe immer stärker mit dem Thema Export verknüpft.
Wir haben derzeit im Möbelsektor – außerhalb der Küche – einen Riesentrend in Richtung Exklusivmodelle für Einkaufsverbände. Die Tatsache, dass der Auftritt der Möbelmeile zur imm abgesagt wurde, hat übrigens auch mit diesem Trend zu tun. So richtig Geld verdienen kann man mit Exklusivmodellen allerdings nicht. Daher überrascht es auch nicht, dass wir immer wieder sagen: Die Margen im Ausland sind um einiges besser. Mir sagen immer mehr Entscheider: Der deutsche Markt ist für die Auslastung und Geld verdiene ich im Ausland.
Geismann: Dass der Export wichtig ist, steht außer Frage. Nur muss man sich auch überlegen, welche Dynamik hinter den Exportaktivitäten steht. „Made in Germany“ ist im Ausland durchaus erfolgreich. Allerdings müssen wir auch feststellen, dass die Exportquote seit 20 Jahren die gleiche ist. Wir sollten daher überlegen, was wir tun können, um diese Quote zu erhöhen.
Mangels: Ein Verband kann diesbezüglich durchaus eine Plattform zur Bearbeitung einzelner Märkte schaffen. Das kann zum Beispiel über das Bereitstellen von Informationen oder den Aufbau von Netzwerken vor Ort geschehen. Eine Einzelpartnervermittlung sollte ein Verband nicht leisten. Dies wäre wenig zielführend. Im Prinzip geht es darum, dass ein Unternehmen gut vorbereitet in den Markt eintritt und dann selber geeignete Partner vor Ort sucht. Das hat ganz viel mit Lernen, aber auch mit Glück zu tun. Ich kann also nur gewisse Dinge zum Matchmaking vorbereiten.
Petersen: Hierzu möchte ich zwei Sachen anmerken. Herr Dr. Heumann erwähnte gerade, dass die Veranstaltung des Furniture Clubs erst ab dem Zeitpunkt richtig interessant wurde, als die direkten Gespräche im zweiten Teil geführt wurden – neudeutsch wurde also eine Art Speeddating durchgeführt. Über ein solches Angebot sollten wir auch als Messeveranstalter nachdenken. Ich frage mich jedoch, ob wir in der Diskussion nicht einen Schritt zu weit sind. Herr Deitersen sprach, wie er es nannte, die schizophrene Einstellung vieler Firmen zum Export an. Wissen schon genügend Unternehmen, welche Möglichkeiten der Export bietet? Ich bin mir nicht sicher, ob schon genügend Unternehmen die Chancen nutzen, die der Export bietet.
Heumann: Es kann durchaus sein, dass diese Situation noch nicht alle erkannt haben. Wir kommunizieren das allerdings in den letzten zehn Jahren bei jeder Gelegenheit. Es gibt einfach Firmen, die schotten sich bei dem Thema ab.
Mangels: Um die Chancen im Export aufzuzeigen, könnten auch die Fachmagazine gefordert sein, z. B. in der Berichterstattung über einzelne Zielmärkte. So könnte eine gewisse Wissensvermittlung vorangetrieben und vielleicht spannende Adressen zur Kontaktaufnahme vermittelt werden.
Rieß: Die Entscheider in den Unternehmen mit den entsprechenden Informationen zu erreichen, ist natürlich nicht einfach, denn verständlicherweise fällt es ihnen im Tagesgeschäft schwer, alles wahrzunehmen. Wir informieren unsere Mitglieder regelmäßig und versuchen uns an dem Motto „weniger ist häufig mehr“.
MM: Man erwartet von deutschen Unternehmen Qualität und setzt das auch immer gleich mit „Made in Germany“. Dieses Label steht für Innovation, Qualität und Zuverlässigkeit. Allerdings bringen es viele Abnehmer im Ausland nicht unbedingt mit Design in Verbindung. Damit verbindet man eher italienische Hersteller.
Rieß: Wir hatten in den letzten Jahren eine gute Situation für „Made in Germany“. Die Italiener sind zwar häufig vor den Deutschen auf den Auslandsmärkten, weil sie sehr kommunikativ sind. Beim Service und bei der Qualität sind viele von ihnen jedoch nicht so gut aufgestellt. „Made in Germany“ wird diesbezüglich im Ausland viel höher angesehen.
Heumann: Besonders mit Blick auf die Küchenmöbelindustrie sehe ich diese Einschränkung auf Qualität und Service nicht. Vielmehr scheint „Made in Germany“ in wirklich jeder Hinsicht ein sehr hohes Ansehen zu genießen.
Mangels: Vielleicht stimmt es ja, dass das Image von „Made in Germany“ nicht für die allerhöchste Design-Kompetenz steht, was ich allerdings stark bezweifle. Aber das ist auch nicht entscheidend. Deutsche Produkte stehen für Qualität, Service sowie eine absolut perfekte Abwicklung. Für ein perfektes Produkt, in dem alles gleichermaßen berücksichtigt wird.
Heumann: Im Polsterbereich ist die Ausgangslage eventuell etwas anders. Mit Unternehmen wie etwa Walter Knoll oder Cor brauchen wir den internationalen Wettbewerb aber auch nicht zu fürchten. Der Küchenbereich ist über alle Wertigkeiten hinweg spitze. Die Mitnahmeküchen von Menke und Optifit sind beispielsweise im Vergleich zu ähnlichen Produkten aus dem Ausland einfach besser. Das Gleiche gilt für Produkte von Unternehmen aus dem mittleren und höheren Preissegment.
Rieß: Mit „Made in Germany“ werden viele Attribute verbunden. Dadurch können wir in einigen Auslandsmärkten viel erreichen.
Heumann: Dass sich die Koelnmesse nun auch auf Auslandsmessen präsentiert und das Thema „Made in Germany“ so voranbringt, ist ein gutes Zeichen. Im Ausland sollte man aber dafür sorgen, dass die Messestände von deutschen Herstellern noch deutlicher hervorgehoben und dadurch zur Kenntnis genommen werden. Das könnte etwa durch spezielle Maßnahmen, die Messe und Verbände gemeinsam organisieren, erreicht werden.
Petersen: Bei allen Messen, auf denen wir im Ausland mit Satelliten arbeiten, hat sich der Anteil von Besuchern und Ausstellern aus dem jeweiligen Ländern hier in Köln deutlich erhöht. Es gibt zwar immer wieder Befürchtungen, dass wir uns durch die Auslandsveranstaltungen kannibalisieren – das Gegenteil ist aber der Fall. Auf die Events hier in Köln hat das absolut positive Auswirkungen.
Lassen Sie mich abschließend noch einmal zusammenfassen: Am Export führt einfach kein Weg vorbei. Daher danken wir dem MÖBELMARKT für seine Initiative, die wir auch in Zukunft ausbauen sollten.