Private Labels: Sicherheits- und Haftungs-Falle für Verbände und Händler?

Am 8. November 2011 trat in Umsetzung europarechtlicher Richtlinien das Gesetz zur Bereitstellung von Produkten am Markt (Produktsicherheitsgesetz – ProdSG) in Kraft. Dieses bringt im Hinblick auf Hersteller von Produkten – mithin für Möbelhersteller aber auch Möbelhändler – weitgehende Pflichten mit sich. Von besonderer Relevanz sind insoweit die dem Möbelhersteller auferlegten Hinweispflichten, deren Wahrung wiederum auch die Möbelhändler in die Pflicht nimmt.

Im Rahmen des Gesetzes über die Haftung für fehlerhafte Produkte (Produkthaftungsgesetz – ProdHaftG) bestehen für Möbelhersteller und Möbelhändler Haftungsrisiken. 

In diesem Beitrag widme ich mich v. a. den aus dem ProdSG resultierenden Hinweispflichten der Möbelhersteller und -händler. Im Hinblick auf Entwicklung und Vertrieb von Exklusivmodellen oder Eigenmarken treffen diese Pflichten aber auch Verbundgruppen, die ihren Mitgliedern anonymisierte Exklusivmodelle unter einer Eigenmarke zur Verfügung stellen.

Weiter gehe ich auf eine mögliche Haftung nach dem ProdHaftG ein.

Produktsicherheitsgesetz (ProdSG):
Pflichten für Möbelhersteller und die Verbundgruppen

nur auf dem Markt bereitgestellt werden, wenn es bei bestimmungsgemäßer oder vorhersehbarer Verwendung die Sicherheit und Gesundheit von Personen nicht gefährdet. Bei der Beurteilung, ob ein Produkt diesen Anforderungen entspricht, sind insbesondere zu berücksichtigen:

•    die Eigenschaften des Produkts einschließlich seiner Zusammensetzung, seine Verpackung, die Anleitungen für seinen Zusammenbau, die Installation, die Wartung und die Gebrauchsdauer.

•    die Einwirkungen des Produkts auf andere Produkte, soweit zu erwarten ist, dass es zusammen mit anderen Produkten verwendet wird.

•    die Aufmachung des Produkts, seine Kennzeichnung, die Warnhinweise, die Gebrauchs- und Bedienungsanleitung, die Angaben zu seiner Beseitigung sowie alle sonstigen produktbezogenen Angaben oder Informationen.

Die Pflichten, die sich aus dem ProdSG ergeben, lassen sich daher kurz dahin zusammenfassen: Es dürfen nur sichere Produkte vermarktet werden.

Das ProdSG ist dem Grunde nach auf die Hersteller von Produkten zugeschnitten. Nach § 2 Nr. 14 ProdSG ist Hersteller jede natürliche oder juristische Person, die ein Produkt herstellt oder entwickeln oder herstellen lässt und dieses Produkt unter ihrem eigenen Namen oder ihrer eigenen Marke vermarktet; als Hersteller gilt aber auch jeder, der geschäftsmäßig seinen Namen, seine Marke oder ein anderes unterscheidungskräftiges Kennzeichen an einem Produkt anbringt und sich dadurch als Hersteller ausgibt. 

Insofern fallen unter den Herstellerbegriff auch diejenigen Verbundgruppen, die Exklusivmodelle entwickeln und unter einer Eigenmarke ihren Mitgliedern zur Verfügung stellen. 

Dies hat zur Folge, dass bei Entwicklung und Vertrieb von Exklusivmodellen unter Eigenmarken für die Verbundgruppen alle Pflichten gelten, die sich aus dem ProdSG ergeben.  

Wichtig ist hier insbesondere die sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 2 ProdSG ergebende Pflicht des Herstellers, den Namen und die Kontaktanschrift des Herstellers oder, sofern dieser nicht im Europäischen Wirtschaftsraum ansässig ist, den Namen und die Kontaktanschrift des Bevollmächtigten oder des Einführers anzubringen. 

Diese Angaben sind auf dem Verbraucherprodukt selbst oder, wenn dies nicht möglich ist, auf dessen Verpackung anzubringen. 

Ausnahmen sind zulässig, wenn es vertretbar ist, diese Angaben wegzulassen, wenn es z. B. mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre (§ 6 Ab. 1 Satz 3 ProdSG).

Gerade auch im Hinblick auf Entwicklung und Vertrieb von Exklusivmodellen und Eigenmarken bedeutet dies, dass grundsätzlich Name und Anschrift der Verbundgruppe oder des tatsächlichen Herstellers auf dem Exklusivmodell angegeben werden müssen. Die im Gesetz genannten Ausnahmen greifen in der Regel nicht.

Außerdem ist noch nicht geklärt, wann es vertretbar sein könnte, diese Angaben wegzulassen. Denkbar wäre das nur dann, wenn der Herstellungs- oder Einkaufspreis der Ware wesentlich geringer ist als die Kosten für das Anbringen der Angaben auf der Ware.

Es gibt aber diesbezüglich gewisse Erleichterungen, weil der für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des ProdSG zuständige Arbeitsausschuss Marktüberwachung einen Beschluss gefasst hat, der bezüglich der erforderlichen Angaben auf dem Produkt Erleichterungen mit sich bringt.

Danach kann davon ausgegangen werden, dass die Auslagerung der erforderlichen Angaben (Firmen-Name und Anschrift) auch dann auf die Verpackung oder auf eine beigefügte Gebrauchsanweisung zulässig ist, wenn die Anbringung der Daten auf dem Produkt zwar technisch machbar, aber aus anderen Gründen (z. B. wirtschaftlicher Aufwand, Produktdesign, Absatzchancen, künstlerische Aspekte etc.) im Rahmen einer abwägenden Gesamtbetrachtung „nicht möglich“ erscheint. Damit steht die Pflicht zur Anbringung der Kennzeichnung auf dem Produkt unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. 

Im Beanstandungsfalle hat aber der Produktverantwortliche diese Gründe glaubhaft zu machen, was gerichtlich überprüft werden kann.

Es genügt aber nicht, wenn z. B. auf dem Produkt, der Verpackung oder der Gebrauchsanweisung nur eine E-Mail-Adresse angegeben wird oder wenn der Hersteller, oder derjenige, der als Hersteller gilt, nur auf andere Weise ermittelt werden kann. 

Es reicht also nicht aus, wenn der Name der Eigenmarke auf dem Produkt angegeben ist und der Verbraucher nur über eine Internetrecherche den konkreten Produktverantwortlichen ermitteln könnte. 

Allerdings müssen die Kontaktdaten nicht dauerhaft auf dem Produkt angebracht werden. Es genügt z. B. eine Klebefolie, die bestimmungsgemäß und regelmäßig vor oder nach der Ingebrauchnahme entfernt wird. 

Der Einhaltung dieser Vorgaben sollte dabei ein besonderer Augenmerk geschenkt werden, denn der Verstoß gegen die Verpflichtungen aus dem ProdSG kann als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Wer den Namen oder eine Kontaktanschrift nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig anbringt, kann mit einem Bußgeld bis zu 10.000 Euro belegt werden (siehe § 39 Nr. 3 ProdSG).

Pflichten für die Möbelhändler 

Das ProdSG ist dem Grunde nach auf Hersteller zugeschnitten. 

Allerdings hat der Möbelhändler dazu beizutragen, dass nur sichere Verbraucherprodukte auf dem Markt bereitgestellt werden. Er darf insbesondere kein Verbraucherprodukt auf dem Markt bereitstellen, von dem er weiß oder auf Grund der ihm vorliegenden Informationen oder seiner Erfahrung wissen muss, dass es nicht den Anforderungen nach § 3 ProdSG entspricht (§ 6 Abs. 5 ProdSG). 

Dies bedeutet, dass den Möbelhänd-ler neben der Pflicht, das Produkt in seinem Einflussbereich vor sicherheitsrelevanten Veränderungen zu schützen, auch die Verpflichtung trifft, die richtige Kennzeichnung des Produkts sowie das Vorhandensein einer Gebrauchsanweisung in der Landessprache zu prüfen. 

Die Bußgeldvorschrift (§ 39 ProdSG) trifft nach dem Wortlaut aber wohl nur den Hersteller und nicht den Händler. 

Ob ein Händler dagegen abgemahnt werden kann, wenn er Produkte ausstellt ohne oder mit nicht ausreichender Kennzeichnung, ist jedoch durchaus denkbar und wohl auch zu erwarten. 

Die Rechtslage ist derzeit unklar. Die Normen des ProdSG können als Marktverhaltensregelungen          i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG angesehen werden. Somit besteht die Gefahr, dass auch Händler von Anspruchsberechtigten, insbesondere von Verbraucherschutzverbänden oder Mitbewerbern, wettbewerbsrechtlich abgemahnt werden.

Das LG Bochum hat zwar mit Urteil vom 16. Januar 2014 (Az.: 14 O 218/13) entschieden, dass die Pflicht zur Kennzeichnung nicht den Händler, sondern nur den Hersteller, seinen Bevollmächtigten oder den Einführer trifft und folglich auch keine Prüfpflicht des Händlers besteht. 

Ähnlich entschied dies das OLG Köln mit Urteil vom 20. Februar 2015 (Az.: 6 U 118/14). Dem entgegen stehen aber zwei bisher unveröffentlichte Entscheidungen des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 28. Juli 2014, Az.: 20 W 48/14) und des OLG München (Urteil vom 11. September 2014, Az.: 6 U 2535/14). 

Weitere Entscheidungen sind soweit ersichtlich bisher nicht bekannt. Rechtssicherheit besteht deshalb derzeit nicht. 

Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG):
Auch Verbundgruppen bzw. Händler betroffen 

Das ProdHaftG regelt im Wesentlichen die Haftung, wenn durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine andere Sache beschädigt ist. Ersatzverpflichteter für den daraus resultierenden Schaden ist der Hersteller des Produkts (§ 1 Abs. 1 Satz 1 ProdHaftG). 

Nach dem ProdHaftG gilt jeder als Hersteller, der das Endprodukt, einen Grundstoff oder ein Teilprodukt hergestellt hat; aber auch derjenige, der sich durch das Anbringen seines Namens, seiner Marke oder eines anderen unterscheidungskräftigen Kennzeichens als Hersteller ausgibt (§ 4 Abs. 1 Prod-HaftG). 

Unter diesen Herstellerbegriff fallen auch Entwicklung und Vertrieb von Exklusivmodellen oder Eigenmarken. 

Kann der Hersteller nicht festgestellt werden, so gilt der Lieferant (das ist auch der Händler) als dessen Hersteller, es sei denn, dass er dem Geschädigten innerhalb eines Monats, nachdem ihm dessen diesbezügliche Aufforderung zugegangen ist, den Hersteller oder diejenige Person benennt, die ihm das Produkt geliefert hat (§ 4 Abs. 3 ProdHaftG). Insofern besteht auch ein entsprechendes Haftungsrisiko für den Händler.

Kommt durch den Fehler des Produkts eine Person oder eine andere Sache zu Schaden, besteht eine verschuldens-unabhängige Schadenersatz-Verpflichtung. Bei Sachschäden hat der Geschädigte jedoch einen Selbstbehalt in Höhe von 500 Euro zu tragen (§ 11 ProdHaftG). 

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