Webinar der Malaysian International Furniture Fair (MIFF)
Covid-19 und die Möbelbranche – eine globale Analyse

Am 28. April organisierten die Veranstalter der Malaysian International Furniture Fair (MIFF) ein Webinar, in dessen Rahmen internationale Experten über die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Möbelbranche diskutiert haben. Dass dieses Informations- und Diskussionsangebot auf fruchtbaren Boden stieß, unterstrich die Tatsache, dass sich über 500 Interessenten an diesem digitalen Event beteiligten.

Im Mittelpunkt des Gedankenaustauschs standen Analysen der gegenwärtigen Situation in verschiedenen Schlüsselmärkten und die weiteren Perspektiven für die Möbelbranche. Als Referenten standen Wang Mingliang, Messechef der Furniture China in Shanghai, Thomas Russell, Senior Editor der US-Fachzeitschrift Furniture Today und Helmut Merkel, Chefredakteur (international) des MÖBELMARKT und Inhaber des Beratungs- und Dienstleistungs-Unternehmens CRP Consulting zur Verfügung. Moderiert wurde die Veranstaltung von M. Gandhi, Group Managing Director ASEAN der Messegesellschaft Informa Markets.

China: Immenser Zuwachs des Online-Handels

Wang Mingliang beleuchtete die wirtschaftliche Entwicklung in seinem Land, wo sich im ersten Quartal des Jahres die Covid-19-Pandemie u. a. negativ auf den Außenhandel auswirkte. Die chinesischen Gesamt-Exporte sanken in diesem Zeitraum um 11,4%. Wang verwies jedoch aber auch auf einige positive Entwicklungen, die sich gerade in jüngster Vergangenheit abzeichneten und auf eine gewisse Normalisierung hinweisen. So habe sich der Immobilienmarkt bis Mitte März in 70 Städten wieder erholt, in 38 seien sogar Preissteigerungen zu verzeichnen gewesen. Ebenfalls stark zugenommen habe zwischenzeitlich der Verkehr, der in 70 chinesischen Städten bereits wieder 90% des Niveaus der Vor-Corona-Zeit erreicht habe. Auch in der Möbelbranche hätte man positive Impulse verzeichnen können. Mitte März sei in über 85% aller Betriebe in der Möbelindustrie die Produktion wieder angelaufen. In den ersten beiden Monaten des Jahres habe es noch bedeutend düsterer ausgesehen. Im Januar und Februar seien die Umsätze im Möbelhandel um über 30% eingebrochen und die Möbelausfuhren gingen um mehr als 20% zurück. Rund ein Viertel seiner Produktion setzt China im Ausland ab.

Während sich die Covid-19-Pandemie in China ausbreitete, war ein immenser Zuwachs des Online-Handels zu verzeichnen. Als Beispiel führte Wang Ikea an. Das schwedische Unternehmen eröffnete am 10. März einen Online-Shop auf der Plattform TMall. Bereits in den ersten sechs Stunden hätten 180.000 Besucher registriert werden können.
Trotz der aktuell feststellbaren positiven Impulse geht Wang davon aus, dass die chinesische Möbelindustrie über das Jahr  hinweg ein Minus von 6% (optimistische Prognose) bis hin zu -15% (pessimistische Prognose) zu verkraften hat, wobei Wang die pessimistische Voraussage für wahrscheinlicher hält.

Für die Nach-Corona-Zeit rechnet Wang mit weiteren dramatischen Veränderungen in der chinesischen Möbelindustrie. Bereits nach 2015, als die chinesische Regierung die „Supply Side Reform“ verabschiedete, hätten zahlreiche Möbelproduzenten, die weniger auf Qualität ausgerichtet waren, ihre Betriebe schließen müssen. Strengere Umweltauflagen und steigende Arbeitskosten hätten zu einer weiteren Ausdünnung geführt. Wang prognostiziert für die nächste Zukunft eine Fortsetzung des Konzentrationsprozess in der chinesischen Möbelindustrie verbunden mit der Schließung von weniger leistungsfähigen Betrieben. Einen Rückgang wird es auch bei den Investitionen in neue Fertigungsstätten geben. Auch im Möbelhandel wird die Zahl der Anbieter sinken. Wang rechnet mit einem Minus von 10 bis 20%.

USA: Folgen des Shutdown werden bis zum Jahresende zu spüren sein

Thomas Russell vom US-Fachmagazin Furniture Today berichtete, dass die Auswirkungen von Covid-19 auf die Branche „schnell und plötzlich“ zu spüren waren. Während sich Importeure und Großhändler zu Beginn der Krise darum bemühten, noch schnellstmöglich Lieferkapazitäten in Asien zu sichern, ging es, nachdem sich ein Shutdown in den USA abzeichnete, nur noch darum, Order wo immer es möglich war zu stornieren.

Für Anfang Mai waren in verschiedenen Bundesstaaten Lockerungen im öffentlichen Leben angekündigt, die es teilweise wieder ermöglichten, Geschäfte zu öffnen. Aber ähnlich wie in Deutschland fallen die Lockerungen von Bundesstaat zu Bundesstaat sehr unterschiedlich aus, zumal das Föderalismus-Prinzip in den Staaten noch deutlich ausgeprägter umgesetzt wird als hierzulande. Russell schließt aber trotz der eingeleiteten Lockerungen nicht aus, dass die Folgen des Shutdown letztendlich bis zum Jahresende zu spüren sein werden und erst dann wieder landesweit mit einem Business as usual gerechnet werden kann. Dennoch erkennt der US-Journalist in bestimmten Teilbereichen durchaus positive Perspektiven, vor allem im E-Commerce. Wachstumspotenzial sieht Russell auch in den Produktsegmenten Home Office, Wohnzimmereinrichtungen, Essgruppen und Funktions-Polstermöbel.   

Europa: Teilweise dramatische Situation

Helmut Merkel gab den meist aus Malaysia und anderen südostasiatischen Ländern stammenden Webinar-Teilnehmern zunächst einen Überblick über die Möbelindustrie in der EU, die 25% der weltweiten Möbelproduktion repräsentiert. Er wies auch über die teilweise dramatischen Folgen der Coronavirus-Pandemie in einigen der wichtigsten Möbel-Nationen hin, beispielsweise der wochenlange komplette Produktionsstopp in Italien oder Probleme in Polen, wo man einer aktuellen Prognose folgend für das Jahr 2020 ein Rückgang des Produktionsvolumens von 35% befürchtet wird.
Bezüglich der Situation auf dem deutschen Möbelmarkt erinnerte Merkel an die durchaus positiven Vorhersagen zum Jahreswechsel, die nun allesamt nach unten korrigiert werden müssen. An die asiatischen Lieferanten gerichtet erklärte er, dass in der Nach-Coronavirus-Zeit mit einem weiteren Konzentrationsprozess zu rechnen sei, da nicht alle deutschen Möbelhändler die wochenlange Unterbrechung ihrer Verkaufsaktivitäten überleben würden.

„Bleibt positiv eingestellt!“

Im Anschluss an einen interessanten und lebhaften Gedankenaustausch mit den Webinar-Teilnehmern präsentierten die drei Referenten ihre Schlussbewertungen. Wang Mingliang erinnerte an die Spanische Grippe, die vor 100 Jahren Millionen von Toten gefordert hat: „Auch das Coronavirus ist ein vorübergehendes Problem. Das normale Leben wird zurückkommen und die Geschäfte werden wieder anlaufen. Bleibt positiv eingestellt!“ Auch Thomas Russell setzte in seinem Resümee einen optimistischen Akzent: „Wir wissen noch nicht genau, welche Folgen diese Krise für unsere Branche letztendlich haben wird und wie schnell alles vorübergehen wird. Auf jeden Fall werden wir danach besser auf zukünftige Krisen vorbereitet sein.“

Helmut Merkel betonte, wie wichtig es sei das Coronavirus endgültig in den Griff zu bekommen. Dennoch sei es falsch, nur auf diesen Zeitpunkt zu warten und die Hände solange in den Schoß zu legen: „Wir stehen aktuell vor jeder Menge Herausforderungen, mehr als uns lieb sind. Aber wir müssen in dieser Situation herausfinden, wo es Chancen gibt, wo es neue Geschäftsmodelle gibt oder wie wir beispielsweise die Digitalisierung weiter vorantrieben können. Diese Hausaufgaben können wir auch in einer Zeit erledigen, wo wir nicht hundertprozentig wissen, was morgen passieren wird. Rumsitzen und Warten bringt nichts. Natürlich kann man das tun. Aber dann darf man sich auch nicht wundern, wenn man morgen nicht mehr im Geschäft ist.“


zum Seitenanfang

zurück